Wofür stehen die Gewerkschaften?
Die Arbeiterbewegung – und mit ihr die Gewerkschaften – verstanden sich von Beginn ihrer Existenz an ganz selbstverständlich als Freiheitsbewegung: Die Befreiung der Arbeit und die vom halbfeudalen politischen System des wilhelminischen Reichs sollten Hand in Hand gehen. Auf Fahnen, Spruchbändern und gestickten Wandbehängen fand sich immer der Begriff Freiheit neben Gerechtigkeit und Solidarität. „Nie kämpft es sich schlecht für Freiheit und Recht“ war eine der beliebtesten politischen Losungen, „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“ eines der bekanntesten Lieder der Arbeiterbewegung.
Heute dagegen gibt es keinen anspruchsvollen Diskurs über Freiheit in den Gewerkschaften. Hier liegt einer der Gründe für ihre anhaltende Schwäche. Ohne eine neue Verständigung über den Freiheitsbegriff wird die organisierte Arbeiterbewegung daher kaum gegenwärtigen Herausforderungen begegnen können. Dabei steht die Gewerkschaftsbewegung dezidiert in der Tradition der Aufklärung und des Freiheitsdenkens. Eines ihrer wichtigsten Ziele ist, den Gedanken der Freiheit in der konkreten Welt des alltäglichen Lebens zu verwirklichen. Sie dringt darauf, den Bereich der gesellschaftlich hergestellten Zwänge zurückzudrängen.