Ausgabe Mai 2014

Der digitale Dämon

Ein Dämon geht um in unserer schönen neuen Welt. Er zeichnet sich aus durch besondere Kräfte: Er kann nicht nur sehen, was wir denken und tun; er kann auch erkennen, was wir denken und tun werden. Die Zukunft ist seine Passion und sein Metier. Aber er selbst ist alt, er begleitet den Menschen schon sehr lange. Doch nun sind ihm neue Fähigkeiten zugewachsen. Und das verändert alles – nicht zu unseren Gunsten.

Die Zukunft vorhersagen zu können, das erscheint den meisten modernen, rational denkenden Menschen vermutlich als ein hoffnungsloses Unterfangen – und jeder Versuch als eine Art parapsychologischer Scharlatanerie, über die bereits Voltaire pointiert und gnadenlos urteilte: „Der erste Prophet war der erste Schurke, der einem Dummkopf begegnete; also kommt alle Weissagung aus dem grauen Altertum.“

Josef und seine Brüder

Tatsächlich hatten Propheten, die sich unmittelbar vom göttlichen Geist inspiriert zeigten und als dessen Sprachrohr fungierten, in der Regel keinen guten Ruf. Anders dagegen die Seher oder Wahrsager: Schon in der assyrisch-babylonischen Welt des 3. Jahrtausends v. Chr. gab es Weissager, aber ihr Ansehen war weniger das von Schurken als das von Experten, die wichtige Informationen für die Zukunftsplanung boten. Und es waren vor allem die Herrscher, die sich ihrem Handwerk bzw. ihrer Gunst anvertrauten.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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