Ausgabe November 2020

Mehr New Deal wagen: Joe Biden und die Gefahr des alten Denkens

Der demokratische Präsidentschaftskandidat und ehemalige Vizepräsident Joe Biden spricht während der abschließenden Präsidentschaftsdebatte mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Präsident Donald Trump auf dem Campus der Belmont-Universität in Nashville, Tennessee, am Donnerstag, 22. Oktober 2020.

Bild: imago images / MediaPunch

Mit seiner Dankesrede auf dem Nominierungsparteitag der US-Demokraten weckte Joe Biden ein wenig Hoffnung: Als er gleich zu Anfang Franklin D. Roosevelts New Deal heraufbeschwor, schien es, als habe der demokratische Präsidentschaftskandidat zumindest in groben Zügen das Ausmaß der Coronakrise begriffen. Doch bevor Biden überhaupt zu sprechen begonnen hatte, untergrub der Kopf seines Übergangsteams, der frühere Senator Ted Kaufman, diese Hoffnung schon wieder. Er sagte dem „Wall Street Journal“, dass Biden es eigentlich nicht so gemeint habe: „Wenn wir ins Weiße Haus kommen, wird die Vorratskammer leer sein“, so Kaufman: „Schauen Sie, was Trump mit dem Defizit gemacht hat ... Vergessen Sie Covid-19, denken Sie allein an das Defizit, das er mit seinen unglaublichen Steuersenkungen produziert hat. Wir werden also eingeschränkt sein.“ Nachdem der Sanders-Berater David Sirota das öffentlich kritisiert hatte, kam ihm die Biden-Kampagne auf halbem Wege entgegen: Kurzfristig soll es einen „Stimulus“ geben, die Kürzungen folgen später.

Diese Beruhigung wirkt jedoch nicht beruhigend.

November 2020

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