Ausgabe April 2022

Weltklimabericht: Der tödliche Preis unserer Passivität

In Zeiten des Krieges wird Wissenschaft politisch, wie Oleg Anissimow kürzlich schmerzhaft erfahren musste. Der russische Polarforscher und mehrfache Leitautor des Weltklimaberichtes entschuldigte sich für den Einmarsch seines Landes in die Ukraine. Seine Solidaritätsbekundung sprach er vor Vertretern aus fast 200 Staaten aus, als diese sich Ende Februar virtuell für die Abschlusssitzung des Weltklimarates IPCC zusammengeschaltet hatten. Nun steht der Klimaforscher im verbalen Kreuzfeuer, in Russland fordern regierungstreue Abgeordnete, er solle „aller Ränge enthoben werden und in Vergessenheit geraten“.[1]

Die Autorinnen und Autoren des jüngst veröffentlichten zweiten Teils des aktuellen Weltklimaberichtes saßen bereits seit Tagen in ihrer digitalen Abschlusssitzung, als Russland am 24. Februar die Ukraine überfiel. Sie diskutierten über die finale Version der „Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger“. Diesen Teil müssen die Regierungen offiziell absegnen, weil der Weltklimarat im Auftrag der Vereinten Nationen arbeitet. Seit Monaten hatten Klimaforscher durchblicken lassen, dieser zweite Teilbericht werde die Welt aufrütteln. Denn die Wissenschaft kann das Leiden in der Klimakrise inzwischen beziffern: Bis zu 3,6 Milliarden Menschen sind laut dem neuen Bericht besonders verwundbar, weil sie in Regionen leben, die am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen sind – das ist fast die Hälfte der Weltbevölkerung.

April 2022

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (11.00€)
Druckausgabe kaufen (11.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Hochseeschutz: Hoffnung für das Lebenselixier des Planeten?

von Julia Lauter

Weit draußen vor unseren Küsten liegt eine weitgehend ignorierte Weltregion, an der das Überleben der Menschheit hängt: die Hohe See. Sie bedeckt zwei Drittel der Erdoberfläche, in ihr leben rund 80 Prozent aller Tierarten, sie reguliert das globale Klima und bindet ein Drittel des vom Menschen verursachten CO2.