Warum nicht jede scharfe Kritik an Israel antisemitisch ist

Bild: Ben Russell, Jay Jordan, Guillaume Cailleau und Servan Decle mit dem Preis für den besten Film Direct Action auf der Berlinale 2024, 24.2.2024 (IMAGO / N. Kubelka / Future Image)
Die Berlinale sonnt sich in dem Ruf, ein internationales Filmfestival zu sein. Die Reaktion auf die Preisverleihung 2024 lässt einen allerdings zweifeln, ob alle Verantwortlichen dieser Internationalität wirklich gewachsen sind, und zeigt, wie eine zunehmende Empörungskultur die Kunstfreiheit bedroht. Zur Kunstfreiheit gehört es, andere Meinungen auszuhalten, auch wenn sie wehtun. Dazu gehört es, zuhören zu können. Zuhören etwa, wie in breiten Teilen der demokratischen Welt über den Konflikt im Nahen Osten und den Krieg im Gaza gedacht wird.
Stattdessen schwallt eine breite Empörungswelle über „einseitig antiisraelische“ Äußerungen, zu denen Festivalleitung, die Staatsministerin für Kultur und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner wahlweise geschwiegen oder gar geklatscht hätten. Die „Neue Zürcher Zeitung“ titelte, die Berlinale endete „mit einem Antisemitismusskandal“. Wo die neurechte NZZ Antisemitismus wittert, darf Volker Beck nicht fehlen. Er stellte im Berliner Radiosender „Radio Eins“ Claudia Roths angebliches Versagen in den Mittelpunkt. Am Tag darauf veröffentlichte die „Bild"-Zeitung“ eine „Akte Roth“, und die CSU forderte ihren Rücktritt. In der Folge zeigte sich Claudia Roth so eingeschüchtert, dass sie eilends eine Untersuchung der Feier ankündigte.
Nur was will sie untersuchen? Es ist alles öffentlich.