Ausgabe Mai 2024

China: Mit Nationalismus durch die Wirtschaftskrise

Der chinesische Immobiliensektor befindet sich in einer schweren Krise. Zu sehen ist eine Großbaustelle in Nanjing, 16.4.2024 (IMAGO / CFOTO)

Bild: Der chinesische Immobiliensektor befindet sich in einer schweren Krise. Zu sehen ist eine Großbaustelle in Nanjing, 16.4.2024 (IMAGO / CFOTO)

Chinas Immobilienkrise mag ein wenig aus dem internationalen Fokus geraten sein, doch gelöst ist sie noch lange nicht. Erst Mitte April gelangte eine neue Hiobsbotschaft an die Öffentlichkeit: Nachdem die staatliche „China Construction Bank“ einen Abwicklungsantrag gegen die Shimao Group stellte – auf ihrem Zenit einer der führenden Immobilienentwickler des Landes –, fielen deren ohnehin nahezu wertlosen Aktien ein weiteres Mal um knapp 20 Prozent. Das Unternehmen hat allein im Ausland knapp zwölf Mrd. US-Dollar an Schulden, welche es nicht fristgerecht abbezahlen kann.

Seit der Coronapandemie ist der chinesische Wirtschaftsmotor ins Stocken geraten. Das Reich der Mitte leidet unter einer schwachen Binnennachfrage, rekordhoher Jugendarbeitslosigkeit und eingebrochenen Auslandsinvestitionen. Doch nichts bremst das Wachstum der Volksrepublik derzeit so stark wie die weiterhin andauernde Immobilienkrise. In keinem anderen Staat von vergleichbarer Größe hat die Baubranche eine derart große Bedeutung für das Bruttoinlandsprodukt und nirgendwo ist der soziale Frieden so stark mit ihr verknüpft.

Schon seit Jahrzehnten hatte sich die Blase angebahnt, im August 2020 begann sie dann manifest zu werden. Mit dem noblen Versprechen, dass Wohnraum für die Bevölkerung gedacht sei und nicht für Spekulationszwecke, verkündete Staatschef Xi Jinping „drei rote Linien“ für die Kreditvergabe an Bauunternehmen.

»Blätter«-Ausgabe 5/2024

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (11.00€)
Druckausgabe kaufen (11.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Koloniale Nachwehen: Der Kampf um Kaschmir

von Amadeus Marzai

Ein brutaler Terroranschlag riss am Nachmittag des 22. April das idyllische Baisaran-Gebirgstal im von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs aus seiner Ruhe. Es war der Beginn einer rapiden Eskalation im seit jeher angespannten indisch-pakistanischen Verhältnis und könnte sogar zum Ausgangspunkt eines größeren Krieges zwischen den beiden Nuklearmächten werden.

Südkorea: Vom Putschversuch zur Richtungswahl

von Fabian Kretschmer

Es ist mehr als nur ein Klischee, dass die südkoreanische Demokratie zu den lebhaftesten in ganz Asien zählt. Seit der Wahlkampf Anfang Mai offiziell eingeläutet wurde, sind die gläsernen Fassaden der Bürotürme in der Hauptstadt Seoul mit riesigen Plakaten der Spitzenkandidaten zugepflastert.

Vom kleinen zum großen Bruder

von Ulrich Menzel

Wenige Tage vor der Winterolympiade 2022 in China reiste Wladimir Putin zu einem Gipfeltreffen mit Staatschef Xi Jingping nach Peking, um Rückendeckung für die geplante Invasion der Ukraine zu bekommen, die er nur drei Wochen später beginnen sollte. Am 4. Februar 2022 verkündeten Putin und Xi in einer gemeinsamen Erklärung die „grenzenlose Freundschaft“ ihrer beiden Länder in der Auseinandersetzung mit dem „absteigenden Westen“.