Ausgabe Oktober 2025

Im Visier der Autokraten: Vom Wert der Wissenschaftsfreiheit

Studierende bei einer Absolventenfeier (IMAGO / U. Grabowsky / photothek)

Bild: Studierende bei einer Absolventenfeier (IMAGO / U. Grabowsky / photothek)

Es ist eine bittere, aber keineswegs neue Erfahrung, dass die Bedeutung historisch errungener, verfassungsmäßig verbürgter Freiheitsrechte erst in der Krise wirklich deutlich wird, also dann, wenn diese Rechte akut gefährdet sind. Wer hätte auch gedacht, dass die Freiheit der Wissenschaft, die in autoritären und halbdemokratischen Gesellschaften keineswegs gegeben ist, in den Vereinigten Staaten oder der Bundesrepublik zum Angriffsziel von Regierungen werden könnte. 

Das aber hat sich geändert. In Deutschland ist der Schrecken über die sogenannte Fördergeldaffäre im früheren Forschungsministerium noch präsent,[1] zumal man sich darüber hinaus besorgt fragen muss, was passierte, wenn die AfD eines Tages ein Wissenschaftsministerium übernähme.[2] Heftig wird auch darüber gestritten, wer an deutschen Universitäten reden darf und ob dies die Wissenschaftsfreiheit oder eher die Meinungsfreiheit betrifft.

»Blätter«-Ausgabe 10/2025

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Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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