Auf deutschem Boden gilt deutsches Recht“, hatte die Kanzlerin zu Beginn der NSA-Affäre gesagt, bevor sie sich in den Merkel-Bunker des eisernen Schweigens zurückzog. Denn der deutsche Boden ist eine arme Sau: Fast 54 000 Hektar sind von US-Militäreinrichtungen besetzt. Neben den Kasernen, Übungsplätzen und Spionage-Zentralen stehen auf diesem Boden 24 000 Wohnungen in US-Verwaltung. Im Bundeshaushalt 2013 waren 56 Millionen für die Stationierung ausländischer Streitkräfte ausgewiesen. Auf deutschem Boden werden also auch noch die Gelder erwirtschaftet, mit denen die US-Militäreinrichtungen unterhalten werden. Und das wiederum tun sie nach deutschem Recht. Denn im Gefolge des heißen und des kalten Krieges hat die Bundesrepublik 1951 das Nato-Truppenstatut abgeschlossen und 1954 den „Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte“. Nun ist der heiße Krieg fast 70 Jahre vorüber und der kalte auch mehr als 20. Die politisch-militärischen Gegebenheiten, aus denen die Verträge resultieren, sind also längst vergangen. Und die Verträge sehen durchaus Kündigungsmöglichkeiten vor. Würde die Bundesrepublik davon Gebrauch machen, hätte sie wieder ein ziemlich souveränes, deutsches Recht.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.