Ausgabe Juni 1990

Dieser Geist der Erneuerung

I

Bleiben wird von der DDR - hoffe ich - dieser Geist der Erneuerung und der Wille zur Demokratisierung, der sich seit dem Herbst ganz stark entwickelt hat. Und ich hoffe, daß der sich auch in dem neuen Deutschland, das sich aus den beiden deutschen Teilstaaten bilden wird, fortsetzt und bestimmend bleibt. Von den alten staatlichen Institutionen, die wir hier in der DDR haben, werden hoffentlich möglichst wenige bleiben. Zu befürchten ist aber, daß sich solche Institutionen wie die Staatssicherheit in anderem Gewand wieder etablieren - als Verfassungsschutz oder ähnliches. Die Gewißheit, daß diese Institution völlig abgebaut und überwunden ist, habe ich noch nicht. Ich denke, daß der harte Kern der Geheimdienstler hüben und drüben sich sehr gut verständigen kann und daß sie sich auch gegenseitig sehr viel zu sagen haben, gegenseitig sehr gut wissen, was sie miteinander anfangen können.

Das halte ich für ganz gefährlich. Ich denke, das kann die stabilste Demokratie gefährden. Da muß man etwas tun. Was wird sonst bleiben? Ich denke doch, daß von dem Gemeinschaftsgefühl, das sich in der DDR-Opposition entwickelt hat, einiges bleiben wird. Daß das auch die künftige Politik in gewissem Maß bestimmen wird.

Juni 1990

Sie haben etwa 24% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 76% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Maskulin und libertär

von Stefan Matern, Sascha Ruppert-Karakas

Echte Männer sind rechts“ – das auf Social Media viral gegangene Video des AfD-Politikers Maximilian Krah ist mehr als nur ein lapidares Bekenntnis zu traditionellen Familien- und Geschlechterrollen. Es ist vielmehr der strategische Versuch, junge Menschen niedrigschwellig an AfD-Positionen heranzuführen. Im provokanten Politainmentstil bespielt die Partei auf den digitalen Plattformen unpolitisch anmutende Themen rund um die Probleme und persönlichen Unsicherheiten junger Männer.