Ausgabe Juni 1990

Entwicklung ist mehr als Überleben

Perspektiven grüner Nord-Süd-Politik

In den vergangenen Entwicklungsdekaden konnten Armut und Hunger in der Dritten Welt nicht überwunden werden. Die Diskussion um die Ursachen der Schuldenkrise in den 80er Jahren hat vielmehr deutlich gemacht, in welchem Ausmaß die von den westlichen Industrienationen bestimmte Handels- und Finanzpolitik Anteil an der Produktion von Armut hat. Im vergangenen Jahrzehnt ist in den meisten Ländern Afrikas und Lateinamerikas das durchschnittliche Einkommen der Bevölkerung gesunken. Das Pro-Kopf-Einkommen ist dort heute niedriger als Mitte der 70er Jahre. Die t e r m s o f t r a d e der Länder der Dritten Welt haben sich seit Ende der 70er Jahre dramatisch verschlechtert und liegen heute ebenfalls unter dem Preisniveau von 1970.

So sind zwischen 1985 und 1989 die Einfuhrpreise für Erzeugnisse aus Ländern der Dritten Welt in die Bundesrepublik um 26,4% gesunken. 1980 betrug der Sortendurchschnittspreis für Kaffee, neben Erdöl das wichtigste Exportprodukt der Dritten Welt, bei der internationalen Kaffeeorganisation in New York 156,79 US-Cent je Pound (450 Gramm), im Dezember 1989 dagegen nur noch 61,53. Die Exportoffensive der Dritte-Welt-Länder, die den Preisverfall kompensieren und die dringend benötigten Devisen für notwendige Importe und den Schuldendienst erwirtschaften soll, zwingt sie zum Raubbau an ihren natürlichen und mineralischen Ressourcen.

Juni 1990

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Deutschland: Planlos in den Hitzesommer

von Nick Reimer

Nur knapp schrammte Deutschland Anfang Juli an einem neuen Hitzerekord vorbei. Mit über 35 Grad in weiten Teilen des Landes war es in der ersten Hitzewelle des Jahres flächendeckend viel zu warm. Statt aber den Klimaschutz endlich ernst zu nehmen, will die schwarz-rote Bundesregierung neue fossile Gaskraftwerke mit 20 000 Megawatt Leistung bauen.