Ausgabe März 1990

Kein einfacher Weg in die Freiheit

Südafrika nach der Freilassung Nelson Mandelas

Ironie der Geschichte oder Paradoxie sind milde Bezeichnungen für die Szenen, die sich am Nachmittag des 11. Februar vor den Toren des Victor-Verster-Gefängnisses in der südafrikanischen Provinzstadt Paarl abspielten. Angehörige eben jener Polizei, die Nelson Mandela 1962 monatelang als „Terroristen" gejagt hatte, fuhren Motorradeskorte für den nach 27 Jahren freigelassenen Führer der Befreiungsbewegung ANC (African National Congress) - nicht zuletzt, um ihn vor Anschlägen faschistischer Weißer zu schützen. Und: Südafrikas Fernsehen übertrug die historischen Bilder live - nachdem seit 1964 kein Bild des berühmtesten Gefangenen der Welt hatte gezeigt werden dürfen. Zur gleichen Zeit knüppelten und schossen ihre Kollegen auf schwarze Jugendliche, deren Euphorie und Ungeduld sich im Einschlagen von Schaufenstern entladen hatte. Mindestens vierzehn Menschen starben - Eigentum gilt in Südafrika immer noch mehr als ein Menschenleben, zumal ein „schwarzes".

Momente von hohem Symbolwert. Eine Situation, von der Mandela in seiner ersten öffentlichen Rede seit 1961 sagte, sie sei von entscheidender Bedeutung: „Wir rufen unser Volk auf, diese Gelegenheit zu ergreifen, damit der Prozeß hin zur Demokratie rasch und ohne Unterbrechungen verläuft." (Vgl. den Wortlaut der Rede im Dokumententeil.

März 1990

Sie haben etwa 63% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 37% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema Rassismus

Chile: Leere Versprechen für die Indigenen?

von Malte Seiwerth

Am 1. Juni hielt der chilenische Präsident Gabriel Boric zum letzten Mal seine jährliche Rede vor den beiden Parlamentskammern des südamerikanischen Landes, eine Tradition, die seit 1833 gepflegt wird. Nach dreieinhalb Jahren im Amt wirkte seine Rede bereits wie ein Abschied.