Die am häufigsten bemühte Metapher der deutsch-deutschen Vereinigung ist die des Liebespaares, das durch widrige Umstände und böse Mächte lang nicht zueinander kommen konnte und unzähliche Hindernisse überwinden mußte, um sich endlich zu kriegen. Auch das Medienspektakel schien oft auf diese Metapher hin inszeniert. Wie sehr sich die Verliebten nacheinander sehnten, wie zärtlich und heimlich sie voneinander sprachen, wie sie sich endlich in den Armen lagen und den himmlischen vier Mächten sei's gedankt, in feierlichem Zeremoniell auch endlich in der rechten Form einander angetraut wurden ... Es war zu schön.
Aber schon Tucholsky beklagte, daß im Film beim Happy-End gewöhnlich abgeblendet wird: Jetzt sind wir kaum ein Jahr vereinigt und die Euphorie ist wahrlich vorbei. Der Mißmut resultiert aber nicht nur aus Politik und Wirtschaft und deren Konsequenzen. Genauso schafft uns - im Osten wie im Westen - der mühselige, lästige, zänkische Alltag des Zusammenlebens. Schon gehen wir uns gegenseitig auf die Nerven mit unsren Eigenarten, die aus der Nähe und täglich betrachtet immer mehr als Schwächen erscheinen. Vor allem aber macht sich Enttäuschung breit, Enttäuschung, weil wir voneinander nicht so einfach bekommen können, was wir erwartet hatten: Anerkennung und Gleichberechtigung die einen, Nähe und Erfolg die anderen.