Ausgabe Dezember 1992

Apokalypse 1492

Christoph Kolumbus war sicher ein Mann, der von einer Idee besessen war: den Weg nach Westen zu entdecken und schneller zu den Reichtümern Asiens zu kommen. Daß die Abenteuer-Obsession den Geschäftssinn durchaus nicht ausschloß, läßt sich an der Ausdauer erkennen, mit der Kolumbus erst in Portugal, dann in Spanien und Frankreich um die Provision gekämpft hat: Während die Krone alle Unkosten zu tragen haben würde, verlangte er für sich die Erhebung in den Adelsstand, die Ernennung zum Admiral, Macht und Titel eines Königs in den neuentdeckten Kolonien, 10% aller künftigen Einkünfte der Krone aus diesen Kolonien und das Recht auf finanzielle Teilhabe an allen dort zu errichtenden Handelsunternehmen. Diese Kombination aus Geschäftstüchtigkeit und Abenteurertum wurde mit einer Legende verbrämt: Kolumbus habe seine Suche nach der "Westroute" zum Orient vor allem als ein wissenschaftliches Forschungsprojekt verstanden.

Später wurde diese Stilisierung durch diejenige des großen Kolonisators ergänzt. In der "neuen Welt" habe er eine neue, von Unterdrückung und Standesgrenzen befreite Gesellschaft aufbauen, der Menschheit die Chance eines Neuanfangs geben wollen. Leider hätten - sich gemäß dieser Lesart - in Kolumbus' Gefolge der Eroberungswille und Ausbeutungsgeist gegen seine besseren Absichten durchgesetzt.

Dezember 1992

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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