Zum Streit um die Ratifizierung des Unionsvertrags von Maastricht
Es gibt keinen Zweifel darüber: Die Maastrichter Vereinbarungen stellen eine Zäsur der europäischen Integration dar. Anders als die Regierungen bei Vertragsabschluß beteuerten, wurde in Maastricht allerdings kein Weg in die Überstaatlichkeit der EG eröffnet sondern eher in eine von Jacques Delors so genannte "organisierte Schizophrenie". Ihr treten die Parlamente im gegenwärtigen Ratifikationsprozeß mit Hilfe von "Nachbesserungen" entgegen: Sie lassen sich weder vorab auf die vereinbarte "Irreversibilität" noch auf eine supranationale Automatik der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) festlegen; Länder und Regionen kämpfen um den Erhalt ihrer Kompetenzen bzw. um Mitwirkungsrechte in der EG. Durch die stillschweigende Verallgemeinerung des den Briten zugestandenen "opting out" verliert die Gemeinschaft ihre Rechtseinheit. Kündigt sich damit ein Zerfall der EG an? Die Zwölf sind einhellig der Meinung, daß eine Ablehnung der Maastrichter Vereinbarungen "die Wölfe des Nationalismus" in ganz Europa freisetzen könnte.
Es ist daher anzunehmen, daß sie ratifiziert werden, allerdings zu Konditionen, die nicht dem Vertragsmodell der WWU bzw. der Politischen Union entnommen sind, sondern die der ökonomischen Situation bei Eintritt der geplanten Einigungsschritte entsprechen. Zu gegebener Zeit wird also nachverhandelt.