Ausgabe Juni 1992

Lehrmeister Frieden

Nun hat auch Karl Popper die Option Krieg zur Rettung des Friedens ethisch legitimiert 1) und allen denen Rückenwind verschafft, die nach dem Ende der Ost-West-Blockkonfrontation dem bis dahin weitgehend geächteten Krieg zu neuem Ansehen verhelfen möchten. Welch seltsame Koalition: Hondrich 2) und Popper. Auffallend ist weniger, daß sich der eine in der Deutung soziologischer Phänomene verrennt, der andere - als Philosoph der Offenen Gesellschaft hoch geachtet - im Alter von 90 Jahren offensichtlich altersbedingte Wahrnehmungsschwierigkeiten hat, auffallend ist vor allem der fahrlässige Umgang mit historischen Erfahrungen und nachprüfbaren Fakten.

I

Die Geschichte scheint uns zu lehren, daß Krieg die schrecklichste Geißel der Menschheit und zugleich unausweichliches Schicksal eben dieser Menschheit sei.

Dann aber ist jede Hoffnung eitel, irgendwann einen "letzten" Krieg zu führen, um den "ewigen" Frieden zu schaffen. Napoleon hatte in seinem Tagesbefehl vor der Schlacht von Austerlitz seine Truppen mit dem Versprechen motiviert, wenn diese Schlacht gewonnen wäre, dann kehre der Frieden ein. Er hat die Schlacht gewonnen, aber den Frieden verloren.

Juni 1992

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