Ausgabe Oktober 1993

Auf der Suche nach neuen Partnern

Die Fernostpolitik der Russischen Föderation

Unter dem Blickwinkel seiner geographischen Ausdehnung ist Rußland heute in erster Linie eine asiatische Macht; über zwei Drittel seiner Fläche liegen in Asien. Rußland ist als der Nachfolgestaat der Sowjetunion somit geographisch von Europa abgerückt eine Reihe von "Pufferstaaten", gebildet aus den ehemaligen Sowjetrepubliken, trennen Rußland heute von Mittel- und Südosteuropa. Dies sind bedeutende Veränderungen, die Auswirkungen auf die russische Außenpolitik haben. Moskau verlor damit wichtige Häfen am Schwarzen Meer und in der baltischen Region, sein Grenzverlauf am Pazifik blieb jedoch unangetastet. Die Auseinandersetzung in Moskau um die Neugestaltung der Außenpolitik ist heute auch ein Machtkampf zwischen den sog. Atlantisten (oder "Westlern") und den nationalpatriotisch gesinnten Eurasiern, die für eine verstärkte Abkehr vom Westen und eine Hinwendung zu Asien plädieren 1). Alexej Puschkow, stellvertretender Chefredakteur der "Moskau News", schrieb Ende 1992: "Ein untrügliches Zeugnis dafür, daß Rußland in der Außenpolitik ein eigenes Gesicht bekommt, ist seine Hinwendung nach Osten. Der November-Besuch von Boris Jelzin in Südkorea, die für Dezember geplante Reise Jelzins nach China und der für Januar in Aussicht genommene Besuch in Indien sprechen dafür, daß diese Orientierung ernst gemeint ist.

Oktober 1993

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Koloniale Nachwehen: Der Kampf um Kaschmir

von Amadeus Marzai

Ein brutaler Terroranschlag riss am Nachmittag des 22. April das idyllische Baisaran-Gebirgstal im von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs aus seiner Ruhe. Es war der Beginn einer rapiden Eskalation im seit jeher angespannten indisch-pakistanischen Verhältnis und könnte sogar zum Ausgangspunkt eines größeren Krieges zwischen den beiden Nuklearmächten werden.

Südkorea: Vom Putschversuch zur Richtungswahl

von Fabian Kretschmer

Es ist mehr als nur ein Klischee, dass die südkoreanische Demokratie zu den lebhaftesten in ganz Asien zählt. Seit der Wahlkampf Anfang Mai offiziell eingeläutet wurde, sind die gläsernen Fassaden der Bürotürme in der Hauptstadt Seoul mit riesigen Plakaten der Spitzenkandidaten zugepflastert.

Vom kleinen zum großen Bruder

von Ulrich Menzel

Wenige Tage vor der Winterolympiade 2022 in China reiste Wladimir Putin zu einem Gipfeltreffen mit Staatschef Xi Jingping nach Peking, um Rückendeckung für die geplante Invasion der Ukraine zu bekommen, die er nur drei Wochen später beginnen sollte. Am 4. Februar 2022 verkündeten Putin und Xi in einer gemeinsamen Erklärung die „grenzenlose Freundschaft“ ihrer beiden Länder in der Auseinandersetzung mit dem „absteigenden Westen“.