Ausgabe Oktober 1993

Dokumente zum Friedensprozess im Nahen Osten

Prinzipienerklärung über Vereinbarungen zur übergangsweisen Selbstverwaltung vom 9. September 1993 (Wortlaut)

Die Regierung des Staates Israel und die palästinensische Gruppe (innerhalb der jordanisch-palästinensischen Delegation bei der Nahost-Friedenskonfferenz) ("die palästinensische Delegation"), die das palästinensische Volk vertritt, stimmen darin überein, daß es an der Zeit ist, Jahrzehnte der Konfrontation und des Konflikts zu beenden. Sie anerkennen gegenseitig ihre legitimen und politischen Rechte und streben nach einem Leben in friedlicher Koexistenz, in beiderseitiger Würde und Sicherheit, um eine gerechte, dauerhafte und umfassende Friedensregelung sowie eine historische Versöhnung auf dem Weg der vereinbarten politischen Prozesse zu erreichen. Demgemäß stimmen die beiden Seiten den folgenden Prinzipien zu:

ARTIKEL 1: Ziel der Verhandlungen

Das Ziel der israelisch-palästinensischen Verhandlungen innerhalb des laufenden Nahost-Friedensprozesses ist es unter anderem für das palästinensische Volk auf der Westbank und im Gazastreifen eine übergangsweise palästinensische Selbstverwaltung, den gewählten Rat ("Rat"), für einen Zeitraum von nicht mehr als fünf Jahren einzurichten, die zu einer dauerhaften Regelung auf der Grundlage der Sicherheitsrats-Resolutionen 242 und 338 führt. Es versteht sich, daß die Übergangsvereinbarungen Teil des gesamten Friedensprozesses sind und daß die Verhandlungen über den dauerhaften Status zur Inkraftsetzung der Sicherheitsrats-Resolutionen 242 und 338 führen werden.

ARTIKEL 2: Rahmen für die Übergangsperiode

Der vereinbarte Rahmen für die Übergangsperiode wird in dieser Prinzipienerklärung niedergelegt.

ARTIKEL 3: Wahlen

1. Damit sich das palästinensische Volk auf der Westbank und im Gazastreifen nach demokratischen Prinzipien selbst regieren kann, werden direkte, freie und allgemeine Wahlen zum Rat unter vereinbarter internationaler Überwachung abgehalten werden, wobei die palästinensische Polizei die öffentliche Ordnung gewährleisten wird.

2. In Übereinstimmung mit dem Protokoll, das dieser Erklärung als Anhang 1 beigefügt ist, wird eine Vereinbarung über die genaue Art und Weise sowie die Bedingungen der Abhaltung der Wahlen mit dem Ziel geschlossen, diese Wahlen nicht später als neun Monate nach der Inkraftsetzung dieser Prinzipienerklärung abzuhalten.

3. Diese Wahlen werden einen wichtigen vorbereitenden Schritt zur Realisierung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes und seiner gerechtfertigten Bedürfnisse darstellen.

ARTIKEL 4: Jurisdiktion

Die Jurisdiktion des Rates wird sich auf das Gebiet der Westbank und des Gazastreifens erstrecken, mit Ausnahme solcher Angelegenheiten, über die in den Verhandlungen über den dauerhaften Status verhandelt werden wird. Beide Seiten betrachten die Westbank und den Gazastreifen als territoriale Einheit, deren Integrität während der Übergangsperiode erhalten werden wird.

ARTIKEL 5: Die Übergangsperiode und die Verhandlungen über einen dauerhaften Status

1. Die fünf Jahre lange Übergangsperiode wird gleichzeitig mit dem Abzug aus dem Gazastreifen und dem Gebiet von Jericho beginnen.

2. Die Verhandlungen über einen dauerhaften Status zwischen der Regierung Israels und den Vertretern des palästinensischen Volkes werden so bald wie möglich, jedoch nicht später als mit dem Beginn des dritten Jahres der Übergangsperiode beginnen.

3. Es versteht sich, daß sich diese Verhandlungen mit den übrigen Themen einschließlich Jerusalem, Flüchtlinge, Siedlungen, Sicherheitsregelungen, Grenzen, Beziehungen zu und Zusammenarbeit mit anderen Nachbarstaaten sowie mit anderen Themen gemeinsamen Interesses befassen sollen.

4. Die beiden Parteien stimmen darin überein, daß das Ergebnis der Verhandlungen über einen dauerhaften Status nicht durch Vereinbarungen, die für die Übergangsperiode beschlossen werden, beeinträchtigt werden darf.

ARTIKEL 6: Vorbereitende Übertragung von Befugnissen und Verantwortlichkeiten

1. Mit der Inkraftsetzung dieser Prinzipienerklärung und dem Abzug aus dem Gazastreifen und dem Gebiet von Jericho wird eine Übertragung von Befugnissen, die hier im einzelnen beschrieben wird, von der israelischen Militär- und Zivilverwaltung an die dazu befugten Palästinenser beginnen. Diese Übertragung wird bis zur Amtseinsetzung des Rates vorbereitender Natur sein.

2. Unmittelbar nach der Inkraftsetzung dieser Prinzipienerklärung und dem Abzug aus dem Gazastreifen und dem Gebiet von Jericho wird die Macht mit dem Ziel der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der Westbank und des Gazastreifens in folgenden Bereichen an die Palästinenser übertragen: Erziehung und Kultur, Gesundheit, Sozialfürsorge, direkte Besteuerung sowie Tourismus. Die palästinensische Seite wird, wie vereinbart, mit dem Aufbau der palästinensischen Polizei beginnen. Bis zur Einsetzung des Rates dürfen die beiden Seiten über die Übertragung weiterer Befugnisse und Verantwortlichkeiten als hier vereinbart verhandeln.

ARTIKEL 7: Übergangsvereinbarung

1. Die israelische und die palästinensische Delegation werden ein Abkommen über die Übergangsperiode aushandeln ("Übergangsvereinbarung").

2. Die Übergangsvereinbarung wird unter anderem die Struktur des Rates, die Zahl seiner Mitglieder sowie die Übertragung von Befugnissen und Verantwortlichkeiten von der israelischen Militärund Zivilverwaltung an den Rat genau bezeichnen. Die Übergangsvereinbarung wird ebenfalls die exekutiven Befugnisse des Rates, seine legislativen Befugnisse in Übereinstimmung mit dem untenstehenden Artikel 9 sowie die unabhängigen palästinensischen Justizorgane bezeichnen.

3. Die Übergangsvereinbarung wird Übereinkünfte über die Aneignung aller Befugnisse und Verantwortlichkeiten, die zuvor in Übereinstimmung mit Artikel 6 an den Rat übertragen worden sind, beinhalten, die mit der Einsetzung des Rates in Kraft gesetzt werden.

4. Um den Rat in die Lage zu versetzen, das Wirtschaftswachstum zu fördern, wird der Rat mit seiner Einsetzung unter anderem eine palästinensische Elektrizitätsbehörde, eine Gaza-Hafenbehörde, eine palästinensische Entwicklungsbank, eine palästinensische Exportförderungsbehörde, eine palästinensische Umweltbehörde, eine palästinensische Landbehörde und eine palästinensische Behörde für Wasserverwaltung einrichten sowie jede andere vereinbarte Behörde in Übereinstimmung mit der Übergangsvereinbarung, die deren Befugnisse und Verantwortlichkeiten genau bezeichnen wird.

5. Nach der Einsetzung des Rates wird die Zivilverwaltung aufgelöst, und die israelische Militärverwaltung wird abgezogen. ARTIKEL 8: Öffentliche Ordnung und Sicherheit. Um die öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit der Paläsinenser auf der Westbank und im Gazastreifen zu garantieren, wird der Rat eine starke Polizei einrichten, während Israel weiterhin sowohl die Verantwortung für die Verteidigung gegen auswärtige Bedrohung tragen wird als auch für die allgemeine Sicherheit der Israelis zum Zweck der Sicherstellung ihrer inneren Sicherheit und der öffentlichen Ordnung.

ARTIKEL 9: Gesetze und militärische Anordnungen

1. Der Rat wird befugt sein, in Übereinstimmung mit der Übergangsvereinbarung in allen ihm übertragenen Bereichen Gesetze zu erlassen.

2. Beide Parteien werden gemeinsam die Gesetze und militärischen Vereinbarungen überprüfen, die in den übrigen Bereichen gegenwärtig gültig sind.

ARTIKEL 10: Gemeinsames israelisch-palästinensisches Verbindungskomitee

Um eine reibungslose Inkraftsetzung dieser Prinzipienerklärung und aller weiteren auf die Übergangsperiode bezogenen Vereinbarungen sicherzustellen, wird mit dem Inkrafttreten dieser Prinzipienerklärung ein gemeinsames israelisch-palästinensisches Verbindungskomitee errichtet, das sich mit Themen, die der Koordinierung bedürfen, anderen Themen von gemeinsamem Interesse sowie Meinungsverschiedenheiten befassen wird.

ARTIKEL 11: Israelisch-palästinensische Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet

In Anerkennung des wechselseitigen Nutzens der Zusammenarbeit bei der Förderung der Entwicklung der Westbank, des Gazastreifens und Israels wird mit dem Inkrafttreten dieser Prinzipienerklärung ein israelisch-palästinensisches Komitee für wirtschaftliche Zusammenarbeit eingerichtet, das in kooperativer Art und Weise die in den Protokollen, die als Anhang III und IV beigefügt sind, bezeichneten Programme entwickeln und verwirklichen wird.

ARTIKEL 12: Verbindung und Zusammenarbeit mit Jordanien und Ägypten

Die beiden Parteien werden die Regierungen Jordaniens und Ägyptens einladen, einerseits bei der Herbeiführung weiterer Verbindungs- und Zusammenarbeitsvereinbarungen zwischen der Regierung Israels und den palästinensischen Vertretern teilzunehmen und deren Zusammenarbeit zu fördern. Diese Vereinbarungen werden die Einrichtung eines ständigen Komitees beinhalten, das einvernehmlich über de Modalitäten der Zulassung von Personen entscheiden wird, die im Jahre 1967 aus dem Gazastreifen und von der Westbank vertrieben worden sind, sowie über notwendige Maßnahmen, um Störung des öffentlichen Lebens und Unruhe zu verhindern. Andere Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse werden von diesem Komitee behandelt.

ARTIKEL 13: Verlegung israelischer Truppen

1. Nach dem Inkrafttreten dieser Prinzipienerklärung und nicht später als unmittelbar vor den Wahlen zum Rat findet eine Verlegung der israelischen Streitkräfte auf der Westbank und im Gazastreifen statt, zusätzlich zum Abzug israelischer Streitkräfte in Übereinstimmung mit Artikel 14.

2. Bei der Verlegung seiner Streitkräfte wird sich Israel von dem Prinzip leiten lassen, daß seine Streitkräfte außerhalb bewohnter Gebiete stationiert werden sollen.

3. Weitere Verlegungen an näher bezeichnete Orte werden allmählich erfolgen, in Entsprechung zur Übernahme der Verantwortung für öffentliche Ordnung und innere Sicherheit durch die palästinensische Polizei gemäß dem obigen Artikel 8.

ARTIKEL 14: Israelischer Rückzug aus dem Gazastreifen und dem Gebiet von Jericho.

Israel wird sich aus dem Gazastreifen und dem Gebiet von Jericho zurückziehen, so wie in dem als Anhang 11 beigefügten Protokoll ausgeführt.

ARTIKEL 15: Lösung von Streitfällen

1. Meinungsverschiedenheiten, die sich aus der Anwendung oder Interpretation dieser Prinzipienerklärung oder weiterer Vereinbarungen in bezug auf die Übergangsperiode ergeben, sollen durch Verhandlungen in dem gemäß Artikel 10 eingerichteten gemeinsamen Verbindungskomitee gelöst werden.

2. Streitfälle, die nicht durch Verhandlungen gelöst werden können, können durch einen zwischen den Parteien zu vereinbarenden Schlichtungsmechanismus gelöst werden.

3. Die Parteien können übereinkommen, Streitfälle, die sich auf die Übergangsperiode beziehen und nicht im Rahmen der Schlichtung gelöst werden können, einem Schiedsverfahren zu unterwerfen. Zu diesem Zweck werden die Parteien - im beiderseitigen Einverständnis - ein Schiedskomitee einrichten.

ARTIKEL 16: Israelisch-palästinensische Zusammenarbeit bezüglich regionaler Programme

Beide Parteien betrachten die multilateralen Arbeitsgruppen als geeignete Instrumente zur Förderung eines "Marshallplans" der regionalen und anderer Programme einschließlich besonderer Programme für die Westbank und den Gazastreifen, die in dem als Anhang IV beigefügten Protokoll bezeichnet sind.

ARTIKEL 17: Verschiedene Bestimmungen

1. Diese Prinzipienerklärung wird einen Monat nach Unterzeichnung in Kraft treten.

2. Alle Protokolle, die dieser Prinzipienerklärung beigefügt sind, und die dazugehörenden vereinbarten Niederschriften werden als integrale Bestandteile derselben angesehen.

Ausgefertigt in Washington, D.C., am 13. September 1993

Für die Regierung Israels Schimon Peres

Für die Palästinenser Mahmud Abbas

 

ANHANG I: Protokoll über Verfahren und Bedingungen der Wahlen

1. Palästinenser, die in Jerusalem leben, haben das Recht, am Wahlprozeß teilzunehmen, entsprechend einer Vereinbarung zwischen den beiden Seiten.

2. Zusätzlich sollte die Vereinbarung zu den Wahlen neben anderen die folgenden Punkte beinhalten: A. Das Wahlsystem; B. Das Verfahren einer vereinbarten Kontrolle und internationalen Beobachtung und deren personelle Zusammensetzung sowie C. Vorschriften und Regelungen hinsichtlich des Wahlkampfes einschließlich vereinbarter Regelungen für die Organisation der Massenmedien und der Möglichkeit der Lizenzierung eines Radio- und Fernsehsenders.

3. Der zukünftige Status der vertriebenen Palästinenser, die am 4. Juni 1967 registriert waren, wird nicht präjudiziert, da sie aus praktischen Gründen nicht in der Lage sind, am Wahlprozeß teilzunehmen.

 

ANHANG II: Protokoll des Abzugs der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen und dem Gebiet von Jericho.

1. Beide Seiten werden innerhalb von zwei Monaten nach dem Inkrafttreten dieser Prinzipienerklärung eine Vereinbarung über den Abzug israelischer Streitkräfte aus dem Gazastreifen und dem Gebiet von Jericho beschließen und unterzeichnen. Diese Vereinbarung wird umfassende Bestimmungen für den Gazastreifen und das Gebiet von Jericho enthalten, die nach dem Rückzug Israels Anwendung finden.

2. Israel wird einen beschleunigten und geordneten Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen und dem Gebiet von Jericho durchführen, der unmittelbar mit der Unterzeichnung des Abkommens über den Gazastreifen und das Gebiet um Jericho beginnt und innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung vollzogen sein muß.

3. Die oben genannte Vereinbarung wird unter anderem umfassen: A. Bestimmungen für einen sanften und friedlichen Transfer der Befugnisse von der israelischen Militärregierung und ihrer Zivilverwaltung auf die palästinensischen Repräsentanten B. Struktur, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der palästinensischen Behörden in diesen Gebieten, ausgenommen: äußere Sicherheit, Siedlung, Israelis, auswärtige Beziehungen und andere wechselseitig vereinbarte Angelegenheiten. C. Bestimmungen über die Übernahme der inneren Sicherheit und öffentlichen Ordnung durch die palästinensischen Polizeikräfte, bestehend aus Polizeibeamten, vor Ort oder im Ausland rekrutiert, die über jordanische Pässe und von Ägypten ausgestellte palästinensische Dokumente verfügen. Die aus dem Ausland kommenden Angehörigen der palästinensischen Polizeikräfte sollen ausgebildete Polizisten oder Polizeioffiziere sein. D. Eine zeitliche begrenzte internationale oder auswärtige Präsenz, wie vereinbart. F. Ein wirtschaftliches Entwicklungs- und Stabilisierungsprogramm einschließlich der Errichtung eines Notfonds, um Investitionen aus dem Ausland, finanzielle und wirtschaftliche Hilfe zu ermutigen, Beide Seiten werden ihr Vorgehen koordinieren, gemeinsam und einzeln mit regionalen und internationalen Kräften zusammenarbeiten, um diese Ziele zu unterstützen. G. Bestimmungen für einen sicheren Durchgang für Personen und Transporte zwischen dem Gazastreifen und Jericho. Die oben genannte Vereinbarung wird Bestimmungen enthalten über die Koordination beider Parteien bezüglich der Durchfahrten: A. Gaza - Ägypten, und B. Jericho - Jordanien.

5. Die für die Ausübung der Befugnisse und Verantwortlichkeiten zuständigen Stellen der palästinensischen Autorität gemäß dieses Anhangs II und Artikel VI Prinzipienerklärung werden sich bis zur Einsetzung des Rats im Gazastreifen uund im Gebiet von Jericho befinden.

6. Unabhängig von diesen Übereinkünften wird der Status des Gazastreifens und des Gebiets von Jericho weiterhin ein integaler Bestandteil der Westbank und des Gazastreifens bleiben und wälnrend der Interimszeit nicht geändert werden.

Korrektur aus Heft 11/93: In Heft 10/1993 dokumentierten wir die israelisch-palästinensische Prinzipienerklärung über Vereinbarungen zur übergangsweisen Selbstverwaltung vom 19. September 1993 (S. 1281 ff.). Dabei handelte es sich um die letzte Fassung des Entwurfs, dessen Wortlaut nach der Anerkennung der Palästinensischen Befreiungsorganisation durch Israel (siehe den Brief von Yitzhak Rabin an Yassir Arafat, ebenfalls in "Blätter", 10/1993) unmittelbar vor der Unterzeichnung geändert wurde: die Bezeichnung "die palästinensische Delegation" wurde ersetzt durch - "die PLO". Entsprechend unterzeichnete Mahmud Abbas die Prinzipienerklärung "für die PLO". Wir bitten dies zu berücksichtigen. D. Red.

 

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