Ausgabe März 1994

Krieg der Zivilisationen oder dritte Dekolonisation?

Samuel P. Huntingtons Paradigma der Internationalen Beziehungen

Samuel P. Huntingtons Paradigma der Internationalen Beziehungen

Von Norman Paech Im vergangenen Sommer erschien in der angesehenen amerikanischen Zeitschrift "Foreign Affairs" ein Artikel von Samuel P. Huntington unter der Überschrift "The Clash of Civilizations?" Ziel dieses Aufsatzes war, wie Huntington es in der Antwort an seine Kritiker in einem der folgenden Hefte ausführte, die Ablösung des Paradigmas vom Kalten Krieg zur Erklärung internationaler Beziehungen durch ein neues das Z i v i l i s a t i o n s P a r a d i g m a 1). Ein weitreichender Anspruch nicht nur in Richtung große Theorie, sondern auch in Hinblick auf die strategische Praxis. Huntington, Direktor des John M. Olin Institute for Strategic Studies an der Harvard-Universität, hat dieses praktische Element zweifellos nicht minder gezielt im Auge. Er hat Erfahrung in der Politikberatung seit der ReaganÄra. Und auch das Projekt, dem dieses Papier entstammt, "The Changing Security Environment and American National Interests", ist nicht allein der akademischen Lehre geschuldet und auf das College beschränkt. Der Bedarf an strategischer Neuorientierung war nach dem Untergang des sowjetischen Lagers für die USA unabweisbar geworden. Präsident Bill Clinton hatte sie in seiner Rede vom 12. Dezember 1991 an der Georgetown University eingefordert.

März 1994

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In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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