Ausgabe Oktober 1994

Kulturkampf American Style

Die Abstimmung im amerikanische Kongreß über die von Präsident Clinton veranlaßte Gesetzesinitiative, die die Einrichtung eines staatlich moderierten Nationalen Gesundheitssystems vorsieht, ist vorerst bis nach den Kongreßwahlen im Herbst verschoben. Wie kein zweiter Anlaß in der jüngeren amerikanischen Geschichte mobilisiert dieses Reformvorhaben sich bedroht fühlende Interessengruppen und entsprechende Lobbygelder. Eine beispiellose Medienkampagne zur Verhinderung des Clinton-Plans setzte bereits beim Bekanntwerden des Vorhabens die Gesundheitsindustrie in Gang. Soweit die gewöhnliche Rationalität einer pluralistischen Gesellschaft, in der eben ökonomische Interessengruppen ihre Pfründe verteidigen.

Die Kampagnen, die gegenwärtig gegen den 42. US-Präsidenten Bill Clinton und seine Frau Hillary geführt werden, gehen aber weit über die Gegenwehr alarmierter Pharmaindustrieller und Versicherungstycoone hinaus. Sie erfassen die Denk- und Schaltzentralen des konservativen Lagers. Der politische Publizist George F. Will, dessen Kommentare stets eine faszinierende Lektüre sind, weil er nicht nur die konservativen Parolen ausgibt, sondern sie häufig auch gleich für den mitlesenden Zeithistoriker strategisch erläutert, hat die tieferen Gründe für den konservativen Feldzug gegen die Clintons kürzlich in einer seiner Kolumnen offenbart.

Oktober 1994

Sie haben etwa 8% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 92% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Waffenruhe und Repression

von Katajun Amirpur

Die Schadenfreude in der iranischen Bevölkerung über die Tötung einiger verhasster Anführer der Revolutionsgarden währte nur kurz. Denn als Israel am 13. Juni Anlagen des iranischen Atomprogramms, militärische Einrichtungen und hochrangige Kommandeure der iranischen Militärführung angriff, wurde schnell klar: Benjamin Netanjahu hielt nicht, was er versprochen hatte.

Donald Trump und die moderne Konterrevolution

von Bernard E. Harcourt

Mit einer Flut von Präsidialdekreten und Notstandserklärungen hat Donald Trump die Axt an den US-amerikanischen Regierungsapparat und die globale Ordnung gelegt. Er zerschlägt den Verwaltungsstaat, schließt Behörden und entlässt Bundesbedienstete.