Ausgabe September 1994

So gut wie tot

Organtransplantationen zwischen Techno-Ethik und Menschenwürde

Lebensqualität hat etwas mit den Grenzen zu tun, innerhalb deren Menschen ihr Leben als erträglich und menschenwürdig annehmen können. Wo diese Grenze verläuft, kann jeder Mensch nur für sich selbst, nicht für andere entscheiden. Organtransplantationen als Angebot oder gar Therapiekonzept des öffentlichen Gesundheitswesens werfen dagegen fragen von überindividueller Tragweite auf.

Ob sie sich lohnen, hängt davon ab, wer unter welchen Bedingungen davon betroffen ist, was der Preis dafür ist und wer ihn zu zahlen hat. Wir fragen daher zunächst nach den betroffenen Personengruppen, sodann nach der inneren Logik des Hirntodkonzepts, auf das sich die Transplantationsmedizin stützt, sowie nach dem Zusammenhang von Hirntod und Menschenbild, um auf dieser Grundlage unsere Antwort zu formulieren.

Die Organempfänger

Organtransplantationen (wenn sie gelingen) retten Leben. Sie schenken Menschen mit stark eingeschränkten Lebensmöglichkeiten (z.B. Nierenkranken, die nur mit Hilfe der Dialyse leben können) neue, bessere Lebensqualität. für die Empfänger eines Ersatzorgans, so sollte man meinen, lohnt sich das in jedem Fall.

Aber gerade sie geraten durch die Transplantation in einen tiefen Widerstreit der Gefühle. Einerseits möchten sie das "neue" Organ haben, um weiterleben oder besser leben zu können.

September 1994

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