Der folgende Artikel wurde vom Herausgeber und verantwortlichen Direktor der größten italienischen Tageszeitung, "La Repubblica", Eugenio Scalfari, für die römische Zweimonatszeitschrift "MicroMega" (4/1994) geschrieben. (Die "Blätter" veröffentlichen ihn mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift und des Autors erstmals in deutscher Sprache, übersetzt von Esther Koppel.) Der angesehene linksliberale Publizist verläßt im folgenden sein angestammtes Gebiet und stellt den Aufstieg Berlusconis sowie seines rechten bzw. rechtsextremen Regierungsbündnisses in einen größeren historischen Rahmen. Er kommt zu dem Schluß, daß in die Lücke, die das Ableben des Bürgertums, der "bürgerlichen Klasse" in Italien hinterlassen habe, ein Teil jener middle class gestoßen ist, die sich in den letzten Jahrzehnten in der Klein- und Mittelwirtschaft herausgebildet hat. Dieses "Segment der Mittelklasse", dem - so Scalfari - "das sogenannte Staatsbewußtsein am meisten fehlt" und das sich in der Lega Bossis, der Forza Italia Berlusconis, der faschistischen Partei Finis wiederfindet, ist direkt (!) in die Politik eingetreten und hat die Führung des Staates übernommen, (Einen völlig anderen Begriff von middle class hat der amerikanische Historiker Christopher Lasch.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.