Amerikanische Standards
Bis in den Sommer hinein ging die US-amerikanische Öffentlichkeit davon aus, daß weder die Erfolge und Mißerfolge seiner bisherigen Politik noch Vorhaben und Versprechen für eine zweite Amtszeit über das politische Geschick Bill Clintons entscheiden würden, sondern die Skandale, die Moral. Inzwischen scheint es zweifelhaft, ob überhaupt irgend etwas Clintons Wahlsieg gefährden kann. Anfang Juli vermochten Anhörungen der beiden Parlamentskammern keine Beweise dafür zu erbringen, daß der Präsident die rund 700 aufgetauchten FBI-Akten über Angestellte der Reagan- und der Bush-Regierungen sowie über Republikanische Abgeordnete für politische Zwecke mißbraucht hat; und Anfang August sprach ein Gericht in Little Rock/Arkansas zwei Partner und Freunde Clintons in puncto "Whitewater" - der illegalen Wahlkampffinanzierung frei.
Aber das sind nicht die Gründe für Clintons rosige Aussichten. Sämtliche maßgeblichen Umfragen unter amerikanischen Bürgern zeigen, daß die überwiegende Mehrheit seinen Beteuerungen keinen Glauben schenkt, schlimmer noch, sie ist gar der Meinung, daß es ihm an der Vertrauenswürdigkeit fehlt, Präsident zu sein.
Doch die gleichen Umfragen ergeben, daß Mr. President bei der sogenannten Sonntagsfrage weit vor seinem Herausforderer Bob Dole liegt. Das "Wall Street Journal" (9./10.8.