Ausgabe August 1997

Vormarsch der Ethnos-Politik in den mitteleuropäischen Beitrittsländern

1. Postkommunismus und das Projekt des Anschlusses an den Westen

Gleich am Anfang der neuen Ära in Europa entstanden bei den Eliten im Westen und den ersten nichtkommunistischen Regierungen in den ehemaligen Ostblockstaaten neue Erwartungen. Es kam sehr schnell zu einer geopolitisch gefärbten Rangfolge, was den Zutritt zum Klub des Westens anbelangt. Dabei werden den ostmitteleuropäischen Staaten Polen, Tschechoslowakei und Ungarn (den sogenannten Visegrad-Nationen) die besten Chancen eingeräumt; Slowenien schloß sich mit Verspätung an. Andererseits gilt nach der Teilung der Tschechoslowakei die Slowakei unter der Meciar-Regierung immer mehr als Problem. Die Regierung Kohl maß der Aufnahme dieser Nachbarstaaten in EU und NATO ein besonderes Gewicht zu. Deutschland nimmt nun eine Schlüsselposition als Garant für die Anpassungsfähigkeit dieser postkommunistischen Nationen und als Richter für die favorisierten Erfolgsmodelle in Ostmitteleuropa ein. Deutschland hat aber auch schon mehrmals in der Vergangenheit eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung dieser Staaten und deren Anbindung an Europa gespielt.

August 1997

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Politik vor Recht: Die Aushöhlung der liberalen Demokratie

von Miguel de la Riva

Als der FPÖ-Chefideologe und heutige Parteivorsitzende Herbert Kickl im Januar 2019 in einem ORF-Interview darauf angesprochen wurde, dass seine Asylpläne an die Grenzen von EU-Recht, Menschenrechtskonvention und Rechtsstaat stoßen, antwortete der damalige österreichische Innenminister, „dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht“.

Ernst, aber nicht hoffnungslos

von Thorben Albrecht, Christian Krell

Spätestens seit Ralf Dahrendorfs berühmt gewordener These vom „Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts“ gehören SPD-Niedergangsprognosen zu den Klassikern der parteibezogenen Publizistik. Die Partei hat diese Prognose bisher um 42 Jahre überlebt. Aber das konstituiert keine Ewigkeitsgarantie.