Ausgabe April 1998

Eckpunkte für Koalitionsverhandlungen

Beschluß des bündnisgrünen Parteitages vom 6. bis 8. März 1998 (Wortlaut)

Bereits einen Monat vor der Niedersachsenwahl, deutlich vor der Entscheidung der SPD für Gerhard Schröder als Kanzlerkandidaten und vor dem großen Stimmungsumschwung, nachdem auch die Mehrheit der Bürger es für wahrscheinlich hält, das eine rotgrüne Koalition die nächste Bundesregierung stellen wird, ging der Vorstand von Bündnis 90/Die Grünen Anfang Februar mit einem Eckpunkte-Papier für die Koalitionsverhandlungen mit der SPD an die Öffentlichkeit. Der Magdeburger Parteitag (6.-8. März 1998) billigte dieses Verhandlungskonzept. - D. Red. Das Verhandlungskonzept für die Bundestagswahl 199B wird gebilligt. Bundesvorstand und Bundestagsfraktion werden beauftragt, die entsprechenden Vorschläge umzusetzen Am 3./4. Oktober 1998, eine Woche nach der Bundestagswahl findet ein Länderrat zur Auswertung der Bundestagswahl und zur Vorbereitung von Verhandlungen statt. 1) Bündnis 90/Die Grünen haben am 27. September 1998 zwei Wahlziele. Sie wollen eine erneute Mehrheit von CDU/CSU und FDP verhindern und eine eigenständige Mehrheit von Grünen und SPD im Bundestag erringen. Erreicht werden soll nicht nur ein Regierungswechsel, sondern ein Politikwechsel. 2)

1. Grundlagen und Ziele

Koalitionsverhandlungen werden auf der Basis des verabschiedeten Programms zur Bundestagswahl 1998 sowie unter Beachtung des Grundkonsenses von Bündnis 90/Die Grünen geführt. Ziel muß ein Maximum an Umsetzung grüner Programmatik sein. Die Koalitionsvereinbarung soll eine stabile Arbeitsgrundlage für die kommende Wahlperiode bilden. Sie soll die Möglichkeit für eine Steigerung Grünen Einflusses bei den folgenden Wahlen eröffnen. 3)

2. Zeitrahmen

Die Verhandlungen müssen sehr zügig geführt werden. Zwischen der Wahl am 27.9.98 und dem ersten Zusammentritt des neugewählten Deutschen Bundestages dürfen nicht mehr als 30 Tage liegen. Es ist politisch nicht vermittelbar, wenn dann nicht auch der neue Kanzler gewählt wird, sondern vorerst Kohl weiter amtiert. Für die demokratische Legitimation eines möglichen Koalitionsvertrages ist vom 23.-25.10. eine Bundesversammlung in Bonn vorgesehen. Die Verhandlungen sollten daher bis zum 18.10.98 abgeschlossen sein. 4)

2.1 Rückkoppelung

Aufgrund des Zeitrahmens muß der Grundsatz gelten: Zügig verhandeln - vernünftig rückkoppeln. Damit die Partei nicht scheibchenweise unterrichtet wird, sollte die Information möglichst in zusammenhängenden, sinnvollen Blöcken erfolgen. Deshalb sollten die zentralen Verhandlungsrunden den Charakter mehrtägiger Klausursitzungen annehmen, nach denen regelmäßig eine Presseinformation sowie gleichzeitig eine Unterrichtung der Landes-/Kreisverbände per Mail/Fax erfolgt In der Mitte der Verhandlungen soll eine Sitzung des Länderrats stattfinden. 5)

3. Verhandlungsgruppe

Die Verhandlungsgruppe setzt sich aus der zentralen Verhandlungskommission und den Fachkommissionen zusammen. Die Verhandlungskommission handelt den eigentlichen Koalitionsvertrag aus. In den Fachkommissionen sollen die Fachfragen geklärt und Vorschläge für die Verhandlungen erarbeitet werden. 6)

3.1. Verhandlungskommission

Die Verhandlungskommission von Bündnis 90/Die Grünen besteht aus 12 Personen, davon mindestens die Hälfte weibliche Mitglieder. Sie setzt sich zusammen aus: - den Mitgliedern des Geschäftsführenden Bundesvorstandes von Bündnis 90/Die Grünen - den beiden SprecherInnen und der/dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen - fünf weiteren vom Bundesvorstand zu nominierenden und vom Länderrat am 3./4. Oktober 98 zu bestätigenden Mitgliedern Die Verhandlungskommission wird von den SprecherInnen des Bundesvorstandes geleitet. Sie tritt unmittelbar nach der Wahl des neuen Fraktionsvorstandes zum ersten Mal zusammen. Für die einzelnen Fachkommissionen benennt sie Verantwortliche aus ihren Reihen. 7) 3.2 Fachkommissionen

Die Fachkommissionen von Bündnis 90/Die Grünen orientieren sich am Zuschnitt der fünf Fachbereiche der Partei und der Arbeitskreise der Fraktion. Sie bestehen aus: - den fachlich verantwortlichen Mitgliedern der Verhandlungskommission - der/dem zuständigen BeisitzerIn im Bundesvorstand - der/dem zuständigen Mitglied des erweiterten Fraktionsvorstandes Weitere Personen können mit Zustimmung der Verhandlumgskommission mit beratender Stimme hinzugezogen werden. Die Fachkommissionen treten unmittelbar nach der Konstituierung der Verhandlungskommission zusammen. 81)

4. Lieber kurz und klar als lang und ungenau

Die Koalitionsvereinbarung sollte vom Prinzip Genauigkeit vor Vollständigkeit geprägt sein. Die Arbeitsvorhaben einer neuen rot-grünen Koalition sind qualitativ zu präzisieren und quantitativ zu begrenzen. Maßstab für eine GRÜNE Verhandlungsposition muß sein, was - bei einer unterstellten absoluten Mehrheit der Grünen - innerhalb von vier Jahren unter Beachtung der juristischen und finanziellen Rahmenbedingungen umsetzbar wäre. 9) 4.1 Prioritäten setzen: finanziell, zeitlich, instrumentell

Sowohl innerhalb der Grünen Verhandlungskommission wie für den Verhandlungsablauf selbst sind klare Prioritäten zu setzen und Handlungsrahmen abzustecken. Nach Klärung der Kompetenzen und vor dem Einstieg in die Fachverhandlungen ist sinnvollerweise eine Verständigung über eine mittelfristige Finanzplanung herbeizuführen. Bei allen Projekten ist der vorgegebene Finanzrahmen zu berücksichtigen. Die Projekte sind realistisch mit ihren Folgekosten durchzukalkulieren. Bei den Arbeitsvorhaben ist in jedem Fall die Form des jeweiligen Projekts zu bestimmen. Priorität sollen Gesetzesinitiativen und Haushaltsbeschlüsse haben. Für die geplanten Vorhaben ist zu jedem Bereich eine verbindliche zeitliche Reihung festzulegen. Hierbei ist die Arbeitskapazität des Parlaments ebenso zu berücksichtigen wie die Notwendigkeiten der formellen wie informellen Beteiligung von Ländern, Kommunen, Verbänden und Initiativen. 10)

4.2 Kompetenz vor Programm

Es ist in den Verhandlungen frühzeitig eine Vereinbarung über die Kompetenzverteilung in der Regierung zu erzielen. Dieses erleichtert auch die Abklärung von Sachfragen. 11)

4.3 Woran gespart werden sollte:

Die Koalitonsvereinbarung soll Konfliktthemen entscheiden. Prüfaufträge sind zu vermeiden. Symbolische Aktionen wie die Einrichtung neuer Beauftragter, Kommissionen und Beiräte sind zu minimieren. 12)

4.4 Wechselnde Mehrheiten

Die Koalitionsvereinbarung soll einen Verzicht auf wechselnde Mehrheiten festschreiben. 13) Begründungen:

1) Das Verfahren ist ähnlich dem von 1994. Damals wurde am 25./26.6.94 in Magdeburg hierzu ein Länderratsbeschluß gefaßt, auf dem die Struktur bestimmt wurde. Die endgültige Zusammensetzung fand auf dem Länderrat am 17./18.9.94 in München eine sehr breite Mehrheit 2) Diese Ziele sind überaus anspruchsvoll. Noch nie wurde in der Geschichte der Bundesrepublik eine Bundesregierung durch Wahlen abgelöst (sondern immer durch Koalitionswechsel); und noch nie machten sich zwei Parteien an die Bildung einer Bundesregierung, von denen keine an der vorherigen beteiligt war. Für Bündnis 90/Die Grünen wäre es sogar die erste Regierungsbeteiligung auf Bundesebene überhaupt. 3) Eine Koalition ist keine Liebesbeziehung, sondern eine Vereinbarung auf Zeit zwischen politischen Gegnern, von der sich beide Seiten einen Vorteil erhoffen. Der Verweis auf die Laufzeit soll ebenso einen Rahmen für die Möglichkeit von Kompromissen ziehen wie der Verweis auf die programmatischen Grundlagen. Kompromisse, die das grundlegende Selbstverständnis eines Partners verletzen, taugen ebensowenig wie solche, von denen schon bei Abschluß der Vereinbarung eine Halbwertzeit von unter vier Jahren bekannt ist. Man wird die Bundesrepublik nicht mit einer permanenten Koalitionskrise, sich von einer Bundesversammlung zur nächsten hangelnd, regieren können. 4)

Es ist damit zu rechnen, daß in der Woche zwischen dem 26.10. und dem 30.10. der neue Bundestag zusammentritt. Da die Woche nach der Bundestagswahl für interne Beratungen (Bundesvorstand, Fraktion, Länderrat) benötigt wird, Delegierte Gelegenheit haben müssen, den Vertrag vor der Abstimmung zu lesen und auch in ihren Kreisverbänden zurückzukoppeln, schnurrt die wirkliche Verhandlungszeit auf die 14 Tage zwischen dem 4.-18.10. zusammen. Was vielen als Nachteil erscheinen mag, ist wahrscheinlich ein Vorteil. Die Kürze der Zeit zwingt zur Konzentration auf Wesentliches. Nach allen Erfahrungen werden die Verhandlungsergebnisse für die Grünen bei längerem Verhandeln nicht besser sondern schlechter. Dies gilt umso mehr als die SPD ihr Handikap inhaltlicher weniger fitter Verhandler nicht wie in anderen Fällen durch einen Rückgriff auf den Regierungsapparat kompensieren kann. 5) Der Zeitplan muß der Partei ermöglichen, rechtzeitig auf unerwünschte Fehlentwicklungen Einfluß zu nehmen. Viele Informationen werden die Partei und ihre SympathisantInnen nur über die Medien gefiltert bekommen. Notgedrungen werden sich die Verhandlungen am Ende zu der Gretchenfrage zuspitzen, sagen die Grünen ja oder nein zur Koalition. Diese Frage ist von der Natur der Sache eine, die auf die Akzeptanz eines Pakets zielt. Eine Koalitionsvereinbarung ist ein Paket inhaltlicher Vorhaben und von Zuständigkeitsregelungen. Deshalb muß eine ungefilterte zeitnahe Information der Parteibasis ebenso sichergestellt sein, wie ein Länderrat dazwischen geschaltet sein muß. 6) Die Struktur von einer zentralen Verhandlungskommission und Fachkommissionen hat sich bewährt. Bei der Arbeitsfähigkeit geht es um mehr als um einen regionalen und strömungspolitischen Proporz. Tatsächlich muß eine Verhandlungskommission auch bei gravierenden Meinungsunterschieden noch miteinander handlungstätig sein und dem Verhandlungsgegenüber geschlossen entgegentreten. Auch in der Präsentation der Ergebnisse wird niemand andere majorisieren können, da nur ein geschlossenes Konzept Aussicht auf eine ausreichende Mehrheit auf einer Bundesversammlung hat. 7) Die Verhandlungen werden von einer demokratisch legitimierten Verhanglungsgruppe geführt. In ihr sind die politisch Verantwortlichen zusammengefaßt ebenso wie der Fachverstand repräsentiert. Soweit die Legitimation sich nicht aus der Funktion - wie beim Geschäftsführenden Bundesvorstand - ergibt, muß diese auf anderem Wege erreicht werden. Hinsichtlich der (heute noch nicht bekannten) SprecherInnen und der dem Geschäftsführer der Fraktion erfolgt dies durch die Wahl der neuen Fraktion (die ja auch die Umsetzung der Vereinbarungen parlamentarisch zu bewerkstelligen hat). Deshalb kann die endgültige Zusammensetzung der Verhandlungskommission erst auf dem Länderrat in der Woche nach der Wahl abgestimmt werden. Die Zahl orientiert sich an dem 94er Beschluß von Magdeburg. Die Zusammensetzung unterscheidet sich von der 94er Zusammensetzung. Daß das Bundesvorstandskontingent auf 4 statt 5 und das der Fraktion auf 3 statt 4 Personen verhindert wurde, soll die Wahlmöglichkeit bei den freien Plätzen vergrößern.

Die Mitglieder der Verhandlungskommission sollten nach Möglichkeit über Verhandlungs- und/oder Regierungserfahrung verfügen. Die föderale Struktur der Bundesrepublik und der ausgeprägte föderale Charakter von Bündnis 90/Die Grünen erfordern eine Einbeziehung der Landesverbände (-fraktionen/-regierungen) der Partei. Hierbei kann es im Interesse der Handlungsfähigkeit keine Vollständigkeit geben. Entscheidend ist die Arbeitsfähigkeit untereinander. Deshalb soll der Bundesvorstand einen Gesamtvorschlag auf dem Länderrat zur Abstimmung stellen. In der Leitung der Verhandlungskommission schlägt sich der Umstand nieder, daß es sich um Vereinbarungen zwischen Parteien handelt. So wünschenswert ein früherer Arbeitsbeginn wäre, sowenig läßt er sich verwirklichen, da unklar ist, wie sich die neue Fraktion zusammensetzt und wen sie in den Vorstand zu KoordinatorInnen wählt. Notwendig ist es aber, bereits im Vorfeld die Programmatik von SPD und Grünen verhandlungsgerecht aufzubereiten. Der Bundesvorstand ist hier aufgefordert, entsprechende Schritte einzuleiten. 8) Bei den Fachkommissionen wurde auf die bewährten Strukturen zurückgegriffen. Ausdrücklich ist vorgesehen, daß nur nur politisch legitimierte Personen stimmberechtigt sind, nicht etwa Angestellte. Die BeisitzerInnen sind von der Bundesversammlung gewählt, die AK-KoordinatorInnen durch die Fraktion. Soweit die Fachkommissionen sich beraten lassen wollen, etwa durch Fachabgeordnete, Fachbereichsmitglieder, Vertreter des GAJB oder Experten, bedarf ihre Hinzuziehung der Zustimmung der Verhandlungskommission. Es hat in der Vergangenheit durch das plötzliche Auftauchen von Dritten bei Verhandlungen für die GRÜNE Sache mehr Schaden als Nutzen gegeben. 9) Es kann bei Verhandlungen weder einen vorauseilenden noch einen sonstigen Gehorsam gegenüber dem Verhandlungsgegenüber geben. Auf der anderen Seite hat es sich als kontraproduktiv erwiesen, mit einem Bauchladen von Wünschen in solche Auseinandersetzungen zu gehen. 10) Angesichts des Erwartungsdrucks wird es für eine neue Regierung sehr schwer werden, sich nicht in unzähligen Projekten zu verzetteln, um dann in der Falle des Stell Dir vor rot-grün regiert und keiner merkt's zu enden. Gerade unter dem Aspekt der Vermittelbarkeit in die Gesellschaft sollte gelten weniger ist mehr. Ungenügende Prioritätensetzung und das falsche Setzen auf Symbole wecken nicht nur unerfüllbare Erwartungen, sondern stellen es in das Belieben des Koalitionspartners und der Ministerialbürokratie, Unbequemes nach hinten zu schieben, um es der Diskontinuität anheimfallen zu lassen. Deshalb die Konzentration auf gesetzgeberische und haushaltsmäßige Vorhaben und eine verbindliche zeitliche Reihung.

Bei Koalitionsverhandlungen machen häufig nicht die Konflikte die größten Probleme, sondern die Bereiche, wo sich Fachpolitiker beider Seiten vor Einigkeit nicht einkriegen können. Die dort getroffenen Vereinbarungen müssen dann vielfach in den zentralen Runden mühsam wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgezerrt werden. Deshalb sollten den Fachpolitikern gleich verbindliche Rahmen mitgegeben werden. Dies geht nur, wenn vor den Fachverhandlumgen eine Einigung über die Eckpunkte einer mittelfristigen Finanzplanung erzielt ist. 11) Gerade weil bei einer rot-grünen Bundesregierung zwei Parteien die Regierung anstreben, die an dieser bisher nicht beteiligt waren, sollte die Erfahrung aus manchem kommunalen Bündnis und mancher Länderkoalition nicht wiederholt werden: Inhaltlich gewonnen, personell verloren. Kompetenzen meint nicht Ministerien, es geht hier um die Definition von Politikbereichen, für die die jeweilige Seite den Anspruch erhebt, künftig verantwortlich zu sein. Es ist weder klug, der SPD in einem Ministerium die Auswahl zu überlassen, was sie sich aus unzähligen Vereinbarungen zur Umsetzung aussucht, noch die eigenen Ministerien quantitativ so festzulegen, daß für grüne Kreativität kein Raum bleibt. 12)

Die Koalitionsvereinbarungen müssen Handlungskonzept sein. Lieber eine reale Niederlage offen kassieren, als sie über Prüfaufträge vertagen. Immer wenn PolitikerInnen nichts mehr einfällt um eine bestimmte Klientel ruhigzustellen, deren Anliegen sie nicht wirklich befriedigen können oder wollen, wird ein Beirat, eine Kommission oder ein Beauftragter berufen. 13) Nicht mit wechselnden Mehrheiten abzustimmen, hat sich bewährt. Wankelmütig und unzuverlässig ist nur die SPD gewesen, um Grüne in einer AU-Parteien-Koalition zu überrollen. Ein Problem entsteht hier bei der Frage einer möglichen Diätenerhöhung. Diese Frage muß am Beginn der Wahlperiode einmal verfahrensmäßig geklärt werden und ist dann zu vollziehen. Das ist allemal günstiger als hier eine Ausnahme zu konstituieren, um für diesen Populismus dann an inhaltlichen Frauen von der SPD isoliert zu werden.

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