Der rot-grüne Einstieg in eine andere Steuerpolitik
Die Reform des deutschen Steuersystems war nicht nur eines der Topthemen im Bundestagswahlkampf 1998: Über Erfolg bzw. Mißerfolg der neuen Bundesregierung werden maßgeblich die Folgen und damit die Akzeptanz der Steuerpolitik entscheiden. Die rot-grüne Koalition hat die Bedeutung dieses Politikbereichs durch ein allerdings hektisches, ja zum Teil kontraproduktives Tempo bei der Formulierung und Umsetzung ihres steuerpolitischen Konzepts unterstrichen. Auf der anderen Seite bekam sie - wie in keinem anderen Politikbereich - ohne Schonfrist den erbitterten Widerstand der Wirtschaftslobby zu spüren. Besonders überrascht konnten jene, deren Privilegien nun bedroht sind, allerdings nicht sein: Sowohl SPD als auch Bündnis 90/Die Grünen hatten im Wahlkampf ihre zum Teil stark konträren Auffassungen gegenüber der angebotsorientierten Steuerpolitik der alten Bundesregierung deutlich gemacht. Somit war klar, daß die rot-grüne Koalition, die zuvor über ihre Mehrheit im Bundesrat die Umsetzung der steuerpolitischen Vorschläge der Vorgänger verhindert hatte, mit ihrer Wahl die Schwerpunkte nicht auf eine einzelwirtschaftliche Stärkung der Angebotskräfte, sondern vor allem auf die Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage ausrichten würde.