Der kurze und einseitige Luftkrieg, den die amerikanischen und britischen Streitkräfte im Dezember 1998 gegen den Irak führten, hat keines der Probleme gelöst, um derentwillen er den offiziellen Verlautbarungen nach geführt wurde. Er hat diplomatische Lösungen schwieriger und weitere, auch intensivere militärische Konfrontationen wahrscheinlicher gemacht. Bestenfalls läßt sich sagen, daß der Krieg die Notwendigkeit, über neue politische Strategien für den Umgang mit dem Irak nachzudenken, unabweisbar auf die Tagesordnung internationaler Politik gebracht hat. Weder die irakische noch die amerikanische Führung waren ernstlich daran interessiert, den Dezemberkrieg zu verhindern. Bagdad - der irakische Präsident und sein Regime also - hatte bewußt und wiederholt Krisen inszeniert, um dadurch schrittweise die Margen irakischer Souveränität zu erweitern. Und war damit auch einigermaßen erfolgreich. Die Krise vom Februar 1998 etwa brachte mit dem Besuch des UN-Generalsekretärs einen diplomatischen Durchbruch, eine Modifikation der Prozeduren für die Inspektion "sensibler" Einrichtungen durch die UNSCOM (die UN-Spezialkomission zur Vernichtung der irakischen Massenvernichtungswaffen) und eine Aufstockung der erlaubten Exporte unter dem sogenannten Ölfür-Nahrung-Abkommen.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.