Ausgabe Mai 1999

Blockade oder Selbstmandatierung ?

Zum Spannungsverhältnis zwischen politischem Handlungsdruck und Völkerrecht

I. Gewaltmonopol der UNO - ein populäres Mißverständnis

Die These von einem "Gewaltmonopol" der UNO genießt in der friedenspolitischen Diskussion der Bundesrepublik Deutschland seit einigen Jahren wachsende Popularität. In den Dokumenten und Aussagen der neuen Bundesregierung nimmt sie ebenfalls einen prominenten Platz ein. So stellte der Bundeskanzler in der Regierungserklärung vom November 1998 ausdrücklich fest: "Dabei setzt sich die Bundesregierung aktiv dafür ein, das G e w a l t v e r b o t [Hervorhebung vom Verf.] der Vereinten Nationen zu bewahren..." In der Koalitionsvereinbarung ist ähnliches zu lesen. Seitens der Opposition dagegen bezeichnete Wolfgang Schäuble in der Bundestagsdebatte über den NATO-Aktivierungsbeschluß die Frage als "komplizierter"; in Übereinstimmung mit der Bundesregierung halte er ein Gewaltmonopol aber für wünschenswert. Der Begriff des Gewaltmonopols stammt aus dem Staats- und Verfassungsrecht. Es ist, neben der Steuer- und Budgethoheit, ein zentrales Element staatlicher Autorität. Allein staatliche Einrichtungen sind im Rahmen der Gesetze zur Ausübung von Gewalt berechtigt. Notwehr und Nothilfe sind äußert restriktiv definierte Tatbestände zur Ausübung von Gewalt durch den Bürger bei der Abwehr unmittelbarer Gefahren für sich selbst oder andere.

Mai 1999

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Waffenruhe und Repression

von Katajun Amirpur

Die Schadenfreude in der iranischen Bevölkerung über die Tötung einiger verhasster Anführer der Revolutionsgarden währte nur kurz. Denn als Israel am 13. Juni Anlagen des iranischen Atomprogramms, militärische Einrichtungen und hochrangige Kommandeure der iranischen Militärführung angriff, wurde schnell klar: Benjamin Netanjahu hielt nicht, was er versprochen hatte.

Donald Trump und die moderne Konterrevolution

von Bernard E. Harcourt

Mit einer Flut von Präsidialdekreten und Notstandserklärungen hat Donald Trump die Axt an den US-amerikanischen Regierungsapparat und die globale Ordnung gelegt. Er zerschlägt den Verwaltungsstaat, schließt Behörden und entlässt Bundesbedienstete.