Ausgabe August 2000

Bilanz und Perspektiven des Aufbau Ost

Mit der Ausweitung des DM-Währungsgebietes auf die DDR am 1. Juli 1990 war zugleich die kompromißlose und rasche Integration in das westdeutsche Wirtschafts-, Sozial- und Rechtssystem besiegelt. "Und das war schon ein unerhörter Vorgang, daß eine Währung die politische und staatliche Einheit praktisch unausweichlich machte". So urteilt zehn Jahre danach Hans Tietmeyer, der damalige Verhandlungsführer der Bundesregierung mit der DDR über die DM-Einführung. 1) Die damit verbundenen "negativen Konsequenzen" für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt im Beitrittsgebiet wären allen westdeutschen Akteuren bewusst gewesen, bestätigt er, weil "Analysen und Fallstudien" vorlagen, "die die Folgen einer schnellen Währungsunion untersuchten und beschrieben". 2)

Die Beseitigung der DDR begann folglich mit einem politischen Coup, dessen katastrophale Auswirkungen verschwiegen wurden. Statt dessen versprach man den ostdeutschen Bürgern eine rasche Angleichung an den westdeutschen Lebensstandard. (Heute zeigen sich Zusammenhänge zu dem gerade aufgedeckten "großen Akten-Vernichtungsprogramm", das "die Spuren vieler jener Vorgänge getilgt hat, die über das Wohl und Wehe von ostdeutschen Unternehmen nach 1990 entschieden.

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Rechte Gewalt, leere Kassen: Ostdeutsche Zivilgesellschaft unter Druck

von Elisa Pfleger

In der Bundespolitik ist das Entsetzen über den Erfolg der AfD bei der Bundestagswahl noch immer groß. In allen ostdeutschen Flächenländern und in 43 von 48 Wahlkreisen wurde die in weiten Teilen rechtsextreme Partei stärkste Kraft, in Görlitz und im Kreis Sächsische-Schweiz-Osterzgebirge erhielt sie beinahe 50 Prozent der Stimmen.