Ausgabe Dezember 2000

Höhen & Tiefen

Oder: Der deutsche Tag

"Was für die Deutschen das schlechte Gewissen, ist für die Franzosen die kritische Vernunft." Republikaner die einen, Untertanen die andern forever? Die klassische Unterscheidung von Herr und Hund, Selbstverantwortung oder Fremdsteuerung durch Angst, Instinkt, höhere Instanzen? Jean-Paul Picaper, dem Berliner Korrespondenten des "Figaro", verdanken wir den völkerkundlichen Hinweis aus gegebenem Anlaß (dem 9. November 2000) 1). Er kann sich auf frische Evidenz aus diesen Wochen stützen, und bös gemeint scheint er nicht, eher freundlich-ironisch. Man widerspräche gern: Danke für die Blumen, auf den Arm nehmen können wir uns selber... Leider dürfte der gängige Einspruch, der sich auch derber formulieren läßt, im deutschen Fall ins Leere stoßen. Könnten wir's nur, aber Deutsche nehmen ja alles - also in der Konsequenz: nichts wirklich - ernst, tierisch ernst. Und daß der Hund, soll er stubenrein werden, nun einmal immer wieder mit der Schnauze in den eigenen Dreck gestoßen werden muß...

Keine Angst, hier folgt keine Friedensrede à la Walser! Aber tief im Dreck steckt er, der deutsche Karren, in diesem Herbst 2000.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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