Ausgabe Februar 2000

Weißt du noch - damals Kamerad?

100 Jahre Deutscher Fußballbund

Da trägt die intellektuelle Linke grosso modo in ihrem Herzen stets das Abziehbild vom e i g e n t l i c h proletarischen Fußball. Das paßt halt so schön ins Weltbild. Der mittels sozialer Verortung in der Arbeiterschaft per se als w i d e rs p e n s t i g ausgewiesene Sport sei dann irgendwann der bürgerlichen Z ä h m u n g anheimgefallen. So hätte man es gern, und doch bleiben Restbestände von Unsicherheit. 1) Inzwischen kann die Romantik-Fraktion im Vorfeld des 100. DFB-Geburtstages unverhofften Zulauf vermelden. Der Präsident des Deutschen Fußballbundes gab, angeblich nach Sichtung von "vielen zeitgeschichtlichen Dokumenten ", bekannt, die Anfänge des deutschen Fußballs gingen auf " ein paar Außenseiter der unteren Klasse" zurück. 2) Und was der beste aller guten Menschen von Aachen verkündet, gilt dem Zentralorgan der Verbandsfangemeinde normalerweise als Botschaft ex cathedra. Folglich bejubelte anschließend der "Kicker"-Chefredakteur den beispiellosen Aufstieg des Fußballs "vom verfemten Proletarier-Sport zur VorzeigeAdresse". 3) Doch auch der prominente Beistand schafft es nicht, aus den schwärmerischen Anwandlungen vom Arbeitersport historische Tatbestände zu machen.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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