Ausgabe Juni 2000

Ohne Angst und ohne Träumereien: Gemeinsam in Deutschland leben

Berliner Rede von Bundespräsident Johannes Rau vom 12. Mai 2000 (Auszüge)

Bundespräsident Johannes Rau hat sich in die durch den GreencardVorschlag des Bundeskanzlers neu entfachte Diskussion um Einwanderung und Integration von Ausländern eingeschaltet. Als "Berliner Rede" war ziemlich genau drei Jahre zuvor jenes "Ruckdurchs-Land"-Manifest tituliert und gefeiert worden, welches der Vorgänger Roman Herzog im Hotel Adlon auf Einladung der Organisation "Partner für Berlin" verlesen hatte. Dort sollte auch Rau sprechen, doch er entschied sich, passend zu seinem Thema, für den Wechsel ins Haus der Kulturen der Welt. Wir dokumentieren seine Rede in Auszügen. (Die Zwischenüberschriften hat die Redaktion eingefügt.) - D. Red.

Meine Damen und Herren,

30 Prozent aller Kinder an deutschen Schulen stammen aus zugewanderten oder kürzlich eingebürgerten Familien. An manchen Schulen sind es sogar 60 Prozent und mehr. 1997 und 1998 haben mehr Menschen aus anderen Ländern Deutschland verlassen, als Menschen neu zu uns gekommen sind. Von 1990 bis 1998 haben 50% aller Asylbewerber innerhalb der Europäischen Union in Deutschland um Asyl nachgesucht. 1999 war es ein gutes Viertel. Von allen, die bei uns Asyl suchen, werden vom zuständigen Bundesamt etwa 4% anerkannt. Allein Türken haben in Deutschland etwa 50.000 Betriebe gegründet und 200.000 Arbeitsplätze geschaffen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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