Ausgabe Mai 2001

Roma locuta, causa finita?

Wegen der tödlichen Schüsse an der Staatsgrenze zwischen der DDR und der BRD wurden bisher mehr als 150 ehemalige Bürger der DDR als Totschläger verurteilt. Gegen die Grenzsoldaten und ihre unmittelbaren Vorgesetzten ergingen zumeist Bewährungsstrafen. Etwa 40 Angeklagte erhielten hohe Haftstrafen, so der Verteidigungsminister Heinz Kessler siebeneinhalb, sein Stellvertreter und Generalstabschef der Nationalen Volksarmee Fritz Streletz fünfeinhalb und der letzte SED-Generalsekretär und DDR-Staatsratsvorsitzende Egon Krenz sechseinhalb Jahre. Letztere und ein Grenzsoldat wandten sich, nachdem die innerstaatlichen Rechtsmittelverfahren ausgeschöpft waren, mit Beschwerden an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Sie beantragten, der Gerichtshof möge feststellen, dass Deutschland durch die Verurteilung der Beschwerdeführer wegen Tötungsdelikten an der Grenze Artikel 7 Abs. 1 (Nulla poena sine lege) der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 verletzt hat. Diese Bestimmung lautet: "Niemand kann wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalem Recht nicht strafbar war." Weil die Rechtssache schwerwiegende Fragen aufwirft, befasste sich die Große Strafkammer damit. Am 22.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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