Ausgabe Februar 2002

Zielstellung Angleichung verfehlt

Als die Rekapitalisierung Ostdeutschlands mit der Einführung der D-Mark begann, geschah dies mit der offiziell verkündeten politischen Zielstellung, eine schnelle Angleichung des ostdeutschen Produktivitäts- und Einkommensniveaus an das in Westdeutschland zu erreichen. Dazu seien nur wenige Jahre erforderlich, verkündeten die verheißungsvollen Verlautbarungen der damaligen Bundesregierung.

Nun ist es still geworden. Seit geraumer Zeit äußern sich weder die herrschenden, noch die oppositionellen Politiker und auch viele Vertreter der wohlbestallten Wissenschaft nicht zu dieser Zielsetzung; klammheimlich ist sie aus ihrem Vokabular verschwunden. Ein Indiz dafür sind die Jahresgutachten des Sachverständigenrats, in denen ursprünglich analytische Kapitel zum Angleichungsprozess nunmehr zu kurzen Bemerkungen über "Fortschritte" degenerierten. Diese Haltung signalisiert die endgültige Absetzung des Angleichungsziels von der Tagesordnung. Im Durchschnitt des Jahres 2000 hatte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Erwerbstätigen in Ostdeutschland 69% des westdeutschen Niveaus erreicht. Im selben Zeitraum lagen die ostdeutschen Bruttolöhne und -gehälter je Beschäftigten bei 76,7% der westdeutschen. 1)

Bei beiden Zielstellungen klafften mithin große OstWest-Lücken.

Sie haben etwa 12% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 88% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Rechte Gewalt, leere Kassen: Ostdeutsche Zivilgesellschaft unter Druck

von Elisa Pfleger

In der Bundespolitik ist das Entsetzen über den Erfolg der AfD bei der Bundestagswahl noch immer groß. In allen ostdeutschen Flächenländern und in 43 von 48 Wahlkreisen wurde die in weiten Teilen rechtsextreme Partei stärkste Kraft, in Görlitz und im Kreis Sächsische-Schweiz-Osterzgebirge erhielt sie beinahe 50 Prozent der Stimmen.