Ausgabe Juni 2002

Kranke Kassen

Deutschlands Krankenkassen sind krank. Die Kassen stehen vor größeren Finanzierungsschwierigkeiten als die marode Rentenversicherung, sie verschlingen zu viele Milliarden, arbeiten ineffektiv und dienen Ärzten und Pharmaindustrie als Selbstbedienungsladen, heißt es. Solche Klagen über die Kassen werden nicht nur am Stammtisch und im Internet-Chat erhoben, sondern auch von Unternehmerverbänden, von Gewerkschaften und von Politikern jeglicher Couleur. Egal, ob die Kritiker für mehr Kapitalismus plädieren oder für eine Demokratisierung des Gesundheitswesens, immer sind die Versicherer (mit-) schuld an allen Gebrechen der hiesigen Heilkunst - der öffentliche Druck auf die Kassen ist enorm.

Der erste Druckposten sind die Kosten. Die Gesundheitsausgaben stiegen seit den 70er Jahren umgerechnet von rund 50 auf nun 130 Milliarden Euro an - eine gewaltige Kostenexplosion. Aber ist damit tatsächlich die "endgültige Grenze der Finanzierbarkeit" erreicht, wie es in der öffentlichen Diskussion oft heißt? Wohl kaum. Ein anderer Blickwinkel erlaubt ein differenzierteres Bild. Solche Horrorzahlen lassen nämlich wichtige Faktoren unberücksichtigt, wie die Teuerungsrate, medizinischen Fortschritt und wirtschaftliches Wachstum.

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In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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