Deutschlands Krankenkassen sind krank. Die Kassen stehen vor größeren Finanzierungsschwierigkeiten als die marode Rentenversicherung, sie verschlingen zu viele Milliarden, arbeiten ineffektiv und dienen Ärzten und Pharmaindustrie als Selbstbedienungsladen, heißt es. Solche Klagen über die Kassen werden nicht nur am Stammtisch und im Internet-Chat erhoben, sondern auch von Unternehmerverbänden, von Gewerkschaften und von Politikern jeglicher Couleur. Egal, ob die Kritiker für mehr Kapitalismus plädieren oder für eine Demokratisierung des Gesundheitswesens, immer sind die Versicherer (mit-) schuld an allen Gebrechen der hiesigen Heilkunst - der öffentliche Druck auf die Kassen ist enorm.
Der erste Druckposten sind die Kosten. Die Gesundheitsausgaben stiegen seit den 70er Jahren umgerechnet von rund 50 auf nun 130 Milliarden Euro an - eine gewaltige Kostenexplosion. Aber ist damit tatsächlich die "endgültige Grenze der Finanzierbarkeit" erreicht, wie es in der öffentlichen Diskussion oft heißt? Wohl kaum. Ein anderer Blickwinkel erlaubt ein differenzierteres Bild. Solche Horrorzahlen lassen nämlich wichtige Faktoren unberücksichtigt, wie die Teuerungsrate, medizinischen Fortschritt und wirtschaftliches Wachstum.