Ausgabe März 2002

Raus aus der Spar-Zwangsjacke

Kürzlich erst titelte der "Spiegel" wieder "Schlusslicht Deutschland" und verwies auf das geringste Wirtschaftswachstum und die höchste Neuverschuldung in der Europäischen Union - was sich dann auch in der bekanntlich schlechten Arbeitsmarktbilanz niederschlägt. Zwar hat Deutschland hierbei noch nicht den letzten Platz inne - Frankreich, Spanien, Italien oder Griechenland stehen sogar schlechter dar -, aber während andere EU-Partner - auch Frankreich und Spanien - in den vergangenen Jahren deutlich vorangekommen sind, tritt Deutschland auf der Stelle: 4 Millionen Arbeitslose im Januar 2002, so schlecht wie am Ende der Kohl-Ära. Diese Bilanz hat eine Ursache: Deutschland muss seit über einem Jahrzehnt etwa 70-80 Mrd. Euro an Lasten der Einheit tragen. Es bringt also etwa 4% der heimischen Wertschöpfungskraft (BIP) dafür auf, dass die industrielle Kapazität in Ostdeutschland nicht noch weiter wegbricht, als dies ohnehin seit 1989 geschehen ist, um die soziale Sicherung in Ostdeutschland zu gewährleisten und, natürlich auch, um massive infrastrukturelle Defizite zu beseitigen.

Damit gar kein Missverständnis aufkommt: Diese Kosten sollen nicht bejammert werden, sondern es gilt sich ihrer nur zu erinnern. Und es geht auch in keiner Form um "Schuldzuweisung", sondern nur um die Benennung eines Tatbestandes.

Sie haben etwa 13% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 87% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Dividenden statt Investitionen

von Aurora Li, Michael Peters, Uwe Zöllner

Ob bei der Wasserversorgung, in der Pflege oder im Gesundheitssektor: Bereits seit einigen Jahrzehnten kommt es selbst in systemrelevanten Bereichen immer wieder zu Privatisierungen – bei denen die kurzfristige Gewinnmaximierung zugunsten der Investoren oftmals das Geschäft bestimmt.

Von der Silicon Valley Bank zur Credit Suisse: Finanzmarktkrise 2.0?

von Rudolf Hickel

Fünfzehn Jahre nach der Finanzmarktkrise, die im September 2008 durch die Lehman-Pleite ausgelöst wurde und die Weltwirtschaft beinahe zum Absturz brachte, drohen erneut massive Turbulenzen im Kasinokapitalismus. In den USA erschütterte der Crash eines zuvor ziemlich unbekannten regionalen Spezialinstituts, der Silicon Valley Bank (SVB), die Finanzmärkte.