In der Türkei werden die Karten am politischen Spieltisch neu gemischt. Ende Juli beschloss die Türkische Nationalversammlung vorgezogene Parlamentswahlen für den 3. November 2002. Mit dem Urnengang verbindet sich die Hoffnung auf stabilere politische Verhältnisse in dem EU-Kandidatenland, das derzeit unter den Folgen einer schweren Wirtschaftskrise leidet. Zermürbende politische Auseinandersetzungen innerhalb der seit drei Jahren amtierenden Regierungskoalition und die schwere Erkrankung des greisen türkischen Ministerpräsidenten Bülent Ecevit hatten das Land monatelang praktisch gelähmt. Vor allem die Weigerung des rechts nationalistischen Koalitionspartners Partei der Nationalen Bewegung (MHP), die zur Erfüllung der EU-Beitrittskriterien nötigen Reformgesetze zu unterstützen, bescherte der Regierung letztlich ihr vorzeitiges Ende. Der Austritt zahlreicher Abgeordneter unter Führung des ehemaligen Außenministers und EU-Befürworters Ismail Cem aus Ecevits Demokratischer Linkspartei (DSP) bewirkte den Verlust der Koalitionsmehrheit im Parlament und öffnete den Weg für Neuwahlen.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.