Ausgabe April 2003

Das Berlusconi-Regime im Lichte des EU-Rechts

Mit Silvio Berlusconi feiert im Mai ein Regierungschef sein zweijähriges Dienstjubiläum, gegen den bis heute EU-Sanktionen diskutiert werden.1 Solche Maßnahmen sind aber nur dann denkbar, wenn bewiesene Verstöße gegen europäische Vertragsgrundsätze vorliegen. Deshalb war Österreich für solche Sanktionen von vornherein ein untaugliches Objekt, was bekanntlich der Schüssel-Haider Regierung eine Steilvorlage gegen das an sich ja berechtigte Anliegen der Union lieferte.

Denn im Verhältnis souveräner Staaten gilt grundsätzlich das Interventionsverbot. 2 Danach hat jeder Staat das Recht, sein eigenes Gesellschaftssystem frei zu wählen. Dazu gehört beispielsweise die Wahl zwischen einer parlamentarischen und Präsidialdemokratie3 oder auch Grundfragen der Staatsorganisation wie die etwa in Deutschland diskutierte Neuordnung der Föderalverfassung. Ebenso geschützt sind Wahlen und darauf folgende Regierungsbildungen inklusive Gesellschaftsmodelle und persönliche Eigenheiten ihrer Protagonisten. Dies gilt selbstverständlich auch für die Machtübernahme und schleichende „Kulturrevolution“ Berlusconis. Jede fremde Einflussnahme darauf ist eine verbotene Einmischung in innere Angelegenheiten. So entschied es der Internationale Gerichtshof in seinem berühmten Urteil Nicaragua vs. USA.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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