Der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt (ESWP), der seit 1997 zu den wichtigsten Rahmenbedingungen der Haushaltspolitik der EU-Länder gehört, sorgt auch im Jahre 2004 für Kontroversen. Gemäß der Prognose vom April 2004 verfehlten im vergangenen Jahr vier der 15 "alten" und sieben der zehn "neuen" Mitgliedsländer das im ESWP vereinbarte Budgetdefizitziel von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Für 2004 wird mit insgesamt zwölf "Defizitsündern" (sechs alte und sechs neue EU-Staaten) gerechnet; 2005 werden voraussichtlich zehn Länder die Verschuldungsobergrenze nicht einhalten können.
2004 ist damit ein Rekordjahr: Beinahe die Hälfte der Staaten der erweiterten EU wird ein "übermäßiges" Defizit aufweisen. Weitere Länder sind ein gutes Stück vom mittelfristigen Ziel eines nahezu ausgeglichenen Haushalts entfernt. Der mangelhafte Zielerreichungsgrad lässt in der öffentlichen Debatte seit geraumer Zeit wieder verstärkte Zweifel an der Sinnhaftigkeit und der Zukunft des ESWP laut werden. Sowohl das Prozedere zur Durchsetzung der Defizitziele1 als auch der jeweils aktuelle Stand der Defizitverfahren sind für den außen stehenden Beobachter kaum mehr durchschaubar.
Seit kurzem laufen Defizitverfahren gegen die Niederlande, Großbritannien und Griechenland sowie die Beitrittsländer Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Malta und Zypern.