„Non“ und „Nee“ – die französische und niederländische Ablehnung des europäischen Verfassungsvertrags löste im letzten Jahr ein Erdbeben aus, das die politische Landschaft Europas erschütterte und dessen Nachbeben bis heute zu spüren sind. Als Reaktion auf die Volksabstimmungen riefen die Staats- und Regierungschefs seinerzeit eine „Denkpause“ aus – nach einem Jahr sollte die Situation einer Neubewertung unterzogen werden. Beim Brüsseler Gipfel vom 15. bis 16. Juni 2006 war es nun soweit: Die Debatte über das Schicksal der „EU-Verfassung“ stand ganz oben auf der Agenda. Zu prüfen war, ob die Stolpersteine der Referenden inzwischen zu Grabsteinen der Verfassung geworden sind.
Die ablehnenden Voten hatten die Europäische Union zunächst in eine Art Schockstarre versetzt – die vereinbarte Denkpause stellte lange Zeit eher eine passive Pause vom als eine kreative Pause zum Nachdenken dar. Aus den Reihen der Staats- und Regierungschefs waren keine substanziellen Vorschläge zur Überwindung der Verfassungs-, Sinn- und Vertrauenskrise der EU zu vernehmen.