Ausgabe März 2006

Kandada: Konservativ auf Bewährung

„Changeons pour vrai!“ – Lasst uns wirklich etwas ändern! Der Sturm des Wandels, den die Konservative Partei mit diesem Slogan in Kanada entfachen wollte, ist zwar ausgeblieben, dennoch ist ihr eine kleine politische Revolution gelungen. Nach 13 Jahren liberaler Vorherrschaft in Ottawa und einer zuletzt schwachen, politisch ideenlosen und in Korruptionsaffären verstrickten Regierung lenkt seit den vorgezogenen Wahlen vom 23. Januar eine konservative Minderheitsregierung mit Stephen Harper an der Spitze die Geschicke des Landes.

Gegen die Regierung des scheidenden Premier Paul Martin, der es nicht nur an einer parlamentarischen Mehrheit, sondern vor allem an Visionen und politischen Konzepten fehlte, hatten die Konservativen im Wahlkampf allerdings auch leichtes Spiel. (Daran konnten auch die hastig verteilten Milliardengeschenke nichts mehr ändern.)

Polterte der neo-konservative Herausforderer Harper zunächst noch kräftig los und startete seinen Wahlkampf mit einem Angriff auf die gleichgeschlechtliche Ehe, dem Willen zur Abwendung vom Kyoto-Protokoll, dem Vorhaben, sich am US-Projekt einer weltraumgestützten Raketenabwehr zu beteiligen und zahlreichen „law-andorder“ Versprechungen, schlug er in der zweiten Hälfte des Wahlkampfes ungleich versöhnlichere Töne an. Aus dem gefürchteten „Bush des Nordens“ wurde plötzlich der große „Integrator“.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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