In Frankreich hat sich die soziale Atmosphäre in den letzten Wochen merklich erhitzt. Streik heißt die Devise: Bereits am 18. Oktober d. J., zunächst auf 24 Stunden befristet, dann jedoch ab dem 13. November unbefristet, traten die Eisenbahner in den Ausstand, teilweise unterstützt von den Angestellten des Pariser Nahverkehrs. Die Transportbediensteten sind die Hauptbetroffenen der geplanten Abschaffung der für zahlreiche staatsnah Beschäftigte geltenden Régimes spéciaux. Diese Rentensonderregelungen zum Pensionsalter möchte die konservative Regierung unter Präsident Nicolas Sarkozy unbedingt schleifen, nachdem bereits einige Vorgängerkabinette sich daran die Zähne ausgebissen haben. Um die Bahnbeschäftigten von anderen Berufsgruppen zu isolieren, werden die Sonderregelungen deshalb von der neoliberalen Propaganda als „letzte Bastion“ ungerechtfertigter Privilegien dargestellt.
Angesichts der ernsthaften Gegenwehr der Gewerkschaften tritt die anhaltende Hilf- und Sprachlosigkeit der Sozialistischen Partei (PS) gegenüber Sarkozys neoliberaler „Modernisierungsoffensive“ nur umso deutlicher hervor. Und schlimmer noch: Die französische Sozialdemokratie als die wichtigste parlamentarische Oppositionskraft ist nicht nur in dieser Sache tief gespalten und zerrüttet.
So ähnelte die PS bereits auf ihrer Sommeruniversität im September d. J. in La Rochelle eher einem Trümmerfeld als einer schlagkräftigen Organisation.