Zur Kritik der herrschenden Gesundheitspolitik
Weltweit werden medizinische Entscheidungen in immer stärkerem Maße durch die Ökonomie bestimmt. Das betrifft inzwischen auch die meisten Bereiche unseres Gesundheitssystems. Als vorläufig letzten Akt konnten wir in den vergangenen Monaten das Gerangel der großen Koalition um die „Gesundheitsreform 2006“ miterleben. Gesundheitspolitik, gemeinhin eher ein politisches Randfeld, ist dabei vorübergehend – und recht heftig – ins Zentrum der Politik gerückt.
Bei der Gesundheitsreform ging es zwar nicht nur, aber doch vorwiegend um ökonomische Probleme.1 Ohne den grundlegenden Zusammenhang von Ökonomie und Krankenversorgung in Frage stellen zu wollen, müsste jedoch genau darauf geachtet werden, wo die Grenzen der Ökonomie anzusetzen sind und wo politische oder ethische Fragen der Gesellschaft bestimmend werden. Genau dies aber geschieht immer weniger.
Man bezeichnet die um sich greifende und bruchlose Übertragung ökonomischer Gesetze und Instrumente auf außerökonomische Sachverhalte gemeinhin als Ökonomisierung.2 Eine Ökonomisierung tritt in der Regel dann ein, wenn das Gewinnkalkül oder der Tauschwert das Übergewicht über seinen Träger, den Gebrauchswert, gewinnt.