Ausgabe Januar 2007

Krankheit und Kommerz

Zur Kritik der herrschenden Gesundheitspolitik

Weltweit werden medizinische Entscheidungen in immer stärkerem Maße durch die Ökonomie bestimmt. Das betrifft inzwischen auch die meisten Bereiche unseres Gesundheitssystems. Als vorläufig letzten Akt konnten wir in den vergangenen Monaten das Gerangel der großen Koalition um die „Gesundheitsreform 2006“ miterleben. Gesundheitspolitik, gemeinhin eher ein politisches Randfeld, ist dabei vorübergehend – und recht heftig – ins Zentrum der Politik gerückt.

Bei der Gesundheitsreform ging es zwar nicht nur, aber doch vorwiegend um ökonomische Probleme.1 Ohne den grundlegenden Zusammenhang von Ökonomie und Krankenversorgung in Frage stellen zu wollen, müsste jedoch genau darauf geachtet werden, wo die Grenzen der Ökonomie anzusetzen sind und wo politische oder ethische Fragen der Gesellschaft bestimmend werden. Genau dies aber geschieht immer weniger.

Man bezeichnet die um sich greifende und bruchlose Übertragung ökonomischer Gesetze und Instrumente auf außerökonomische Sachverhalte gemeinhin als Ökonomisierung.2 Eine Ökonomisierung tritt in der Regel dann ein, wenn das Gewinnkalkül oder der Tauschwert das Übergewicht über seinen Träger, den Gebrauchswert, gewinnt.

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In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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