Oft wird der Begriff „Schicksalswahl“ überstrapaziert. Aber manchmal passt er eben auch – so wie für die kommenden Parlamentswahlen am 21. Januar in Serbien. Dieser Urnengang wird entscheidende Weichen für die Zukunft des Landes stellen. Gelingt Serbien die Konsolidierung des bisher unbefestigten Demokratisierungsprozesses, der mit dem Sturz Slobodan Miloševics im Oktober 2000 eingeleitet wurde? Oder droht eine neue Phase nationalistischer Mobilmachung mit destabilisierenden Folgen für den gesamten Balkan?
Wie im benachbarten Ungarn stehen sich auch in Serbien seit Jahren unversöhnliche politische Lager gegenüber. Auf der einen Seite finden sich die wirtschaftsliberalen, prowestlichen Kräfte, die eine Beschleunigung der marktwirtschaftlichen Transformation sowie eine schnelle Integration Serbiens in die Europäische Union und die transatlantischen Sicherheitsstrukturen anstreben. Angeführt wird dieses Lager von der Demokratischen Partei (DS), deren Listenführer der amtierende Staatspräsident Boris Tadic ist. Mit seinem betont modernen Auftreten repräsentiert der Psychologe, der die Nachfolge des im März 2003 ermordeten Parteigründers und Premierministers Zoran Djindjic antrat, vor allem die urbanen Mittelschichten. Nach Meinungsumfragen kann die DS auf gut 20 Prozent der Stimmen hoffen.