Gemeinhin wird Kanada als Paradebeispiel für eine multikulturelle Gesellschaft herangezogen, der es gelungen sei, die Integration von Neuankömmlingen erfolgreich zu gewährleisten.
Um so erstaunlicher muss es anmuten, dass eine scheinbar bedeutungslose Initiative eines Kommunalpolitikers in Hérouxville – einer fast durchgängig weißen und französischsprachigen Kleinstadt im Norden der Provinz Québec – einen Prozess in Gang setzte, in dem grundsätzliche Fragen der Integration die kanadische Öffentlichkeit mehr als ein Jahr lang hoch kontrovers beschäftigten. Nachdem die städtische Gemeindeversammlung sich für ein Verbot der Verschleierung des Gesichts und gar der Steinigung von Frauen ausgesprochen hatte (in einer Stadt, in der nahezu keine Muslime beheimatet sind), erlebte Québec eine ganze Reihe juristischer Auseinandersetzungen darüber, wie mit nichteuropäischen religiösen und kulturellen Praktiken umzugehen sei. In den Medien wurden diese Ereignisse rasch zu einer angeblich allgemeinen „Krise der Integration“ hochstilisiert.
Schließlich sah sich der Premier Québecs, Jean Charest, Anfang 2007 genötigt, eine Regierungskommission einzusetzen.