Das weiße Eutopia des James Watson
Vor 55 Jahren veröffentlichten Francis Crick und James Watson ihre folgenreiche Arbeit über die Struktur der DNA; 1962 erhielten sie dafür den Nobelpreis für Medizin. Vor einem Jahr wurde Watson wegen rassistischer Äußerungen seiner Funktionen am Cold Spring Harbor Laboratory in Long Island, New York, enthoben. Dass es sich bei dessen „weißen Utopien“ keineswegs um zufällige Entgleisungen handelte, zeigt der folgende Essay. – D. Red.
„El sueño de la razón produce monstruos“(Capricho 43)
Cold Spring Harbor scheint ein Ort des Grauens. So jedenfalls inszenierte ihn eine Fernsehserie, der er als Kulisse für den Showdown zwischen „Godzilla“ und mehreren Robotern diente. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass er im Laufe seiner Geschichte noch andere Ungeheuer beherbergt hat. Die beiden bekanntesten heißen Charles Davenport und James Watson. Beide waren eine zeitlang Direktoren am Cold Spring Harbor Laboratory. Der eine fungierte als „Papst“ der Eugenik in den USA, der andere gilt als „Godfather“ der DNA.
Derart höhere Weihen werden freilich vom Vorwurf des Rassismus getrübt. Dabei lässt sich Davenports Beteiligung an der biologischen Kriegführung gegen die Schwachen nicht bestreiten. Von interessierter Seite wird sie allerdings in beschönigende Formulierungen gefasst. Das Internetarchiv des Laboratory sieht sie als „ein klassisches Beispiel gut gemeinter, aber tragisch falsch informierter Wissenschaft“.