Polizeiwachtmeister Karl-Heinz Kurras, der am 2. Juni 1967 den friedlich demonstrierenden Benno Ohnesorg durch einen Schuss in den Hinterkopf tötete, war Mitglied von SED und Stasi. Seit dies bekannt wurde, raunt es im Lande: „Der Gründungsmythos der 68er wackelt“ (Kurt Kister). Und der geneigte Leser fragt sich, was Mythen noch so alles können.
Besonders wackeln lässt es, wen könnte es wundern, der Springer-Verlag. Dieser war, so will uns der Chefredakteur der „Welt“-Gruppe, Thomas Schmid, beibringen, in seiner nach böser linker Lesart angeblich so einseitigen Berichterstattung in Wahrheit viel differenzierter. Tatsächlich konnte man am 3. Juni 1967 in der „BZ“ lesen: „Berlin hatte bisher den Ruf einer fleißigen, arbeitsamen Stadt. […] Eine Minderheit ist auf dem besten Weg, diesen Ruf zu zerstören. Sie will Berlin in ein Rabaukennest verwandeln. […] Was gestern in Berlin geschah – es hat mit Politik nichts mehr zu tun. Das war kriminell. […] Diese Leute können von der Bevölkerung kein Verständnis mehr erwarten.“ Und von der „BZ“ schon gar nicht: „Wer Terror produziert, muss Härte in Kauf nehmen.“ Die „Bild“-Zeitung verhielt sich demgegenüber natürlich viel differenzierter: „Ein junger Mann ist gestern in Berlin gestorben.