Ausgabe Mai 2009

Das Menetekel von Köln

Als am 3. März das Historische Archiv der Stadt Köln einstürzte, wurde dies völlig zu Recht als Menetekel mit weit über Köln hinausreichender Bedeutung wahrgenommen. Der Einsturz demonstrierte die ganze Geschichtslosigkeit, die die politisch Verantwortlichen in weiten Teilen dieses Landes an den Tag legen – auch und gerade in Köln. Hier ereignete sich ein Lehrstück kommunalen Versagens.

Am Anfang stand die falsche Verkehrspolitik. Fest steht: Der Einsturz hätte vermieden werden können, wenn nicht der Kölner Rat eine falsche, rückwärtsgewandte und überteuerte verkehrspolitische Entscheidung getroffen hätte. Seit den 80er Jahren ist die U-Bahn in der aufgeklärten Verkehrswissenschaft als Irrweg anerkannt: Aufwand und Nutzen stehen in einem krassen Missverhältnis. Das oft geäußerte Argument, die U-Bahn werde den Verkehr beschleunigen – in Köln für die Nord-Süd-Linie um ganze acht Minuten –, trifft lediglich für die Betriebsgeschwindigkeit zu. Denn der Zeitaufwand, um zu einer Haltestelle zu gelangen, ist oft weitaus höher – aufgrund weit auseinanderliegender Haltestellen und weiter Tunnelwege zur Erreichung des Bahnsteig. 1

In erster Linie wurde die Kölner U-Bahn gebaut, um oberirdisch für den motorisierten Individualverkehr mehr Raum zu haben und ihn nicht durch den Öffentlichen Personennahverkehr einzuengen. Insofern war sie die logische Ergänzung zur Autogesellschaft.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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