Ausgabe August 2010

Was für ein Lebensmensch!

Für einige Tage war der Band verschwunden und halb Kärnten in heller Aufregung: „Wer tut so etwas?“ Den Kritiker aber wundert: Wer schreibt so etwas? Was unter dem Titel „Gästebuch“ daherkommt, parallel zur aktuellen Haider-Ausstellung im Klagenfurter Bergbaumuseum, enttäuscht doch ein wenig, vor allem in der Form.

Der ganze Text ist viel zu schnell dahin geschrieben und streckenweise redundant. Auch ein Haupterzählstrang fehlt gänzlich. Stattdessen finden wir ein Gewirr von Stimmen vor, ein Durcheinander von 112 Erzählern, die nichts Wesentliches zu sagen haben, aber offenbar die Tinte nicht halten konnten: „Danke Jörg!“; „Jörg, du warst einfach super!“; „Ich vermisse dich!“; „Unfassbar, dass du nicht mehr da bist.“ Und nicht zu vergessen: „Hallo Jörg, wir waren hier! […] Alles Gute, wo immer du auch bist.“ Der Leser ahnt, welche Tragödie sich hinter diesen Zeilen verbirgt.

Die Geschichte, die uns hier erzählt wird, beruht auf einer unerhörten Begebenheit, die anderthalb Jahre zurückliegt. Als Ort der Handlung dient jene Gegend Österreichs, wo dem Heimatlied nach „Mannesmut und Frauentreu […] mit Blut die Grenze schrieb“: Kärnten. In einer Oktobernacht fährt der „Lebensmensch“ und Landeshauptmann Jörg H. in den Tod.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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