Ausgabe Juni 2010

Die Finanzkrise als Demokratiekrise

Der Staat als Dienstleister des Finanzkapitals

Ermittlungen wegen Betrugs gegen die weltgrößte Investmentbank Goldman Sachs in den USA und in Großbritannien, dutzende straf- und zivilrechtliche Verfahren gegen Finanzakteure in Deutschland sowie Banker im „Dauer-Bashing“ durch die Medien: Man könnte fast den Eindruck gewinnen, jetzt werde die Finanzkrise endlich gründlich aufgearbeitet. Doch dieser Eindruck täuscht. Bis heute wurde die zentrale Ursache der Finanzkrise nicht einmal in Ansätzen beseitigt. Diese konnte nur deshalb entstehen, weil spezielle Finanzinstrumente (CDS und True-Sale-Verbriefungen) in den Kapitalmärkten eingeführt wurden, die grundlegende Eigenkapitalregeln der Banken außer Kraft setzten und es damit den Banken überhaupt erst erlaubten, mit immer weniger Eigenkapital immer größere Geldsummen zu bewegen. Dadurch wurde ein wesentliches, stabilisierendes Element des Kapitalismus eliminiert: die Haftung für eigenes Versagen als Bestrafung durch den Markt.

Doch wie konnte es dazu kommen? Und vor allem: Welche Rolle haben Parlament und Regierung dabei gespielt?

Banker haben auch deshalb unverantwortlich gehandelt, weil Regierungen und Politiker grob fahrlässig deren Handeln legalisiert haben. Doch von kritischer Selbstreflexion des Staates kann keine Rede sein.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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