Ausgabe Oktober 2010

Der Amoklauf der Erika Steinbach

Der Bund der Vertriebenen und seine Vergangenheit

Sie hat es tatsächlich fertiggebracht. 2003 bekannte der Schriftsteller Ralph Giordano, er habe sich in „persönlichen Begegnungen mit Frau Steinbach davon überzeugt, dass sich tatsächlich etwas im Vertriebenenverband geändert” hätte. Er unterstützte das von ihr betriebene Zentrum gegen Vertreibungen. Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland und Historiker aus Tschechien und Polen machten mit bei der daraus entstandenen Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“. Doch sie alle verließen jetzt fluchtartig Erika Steinbachs Versöhnungstribunal. Und Ralph Giordano warnte Bayerns Regierungschef Horst Seehofer ebenso rechtzeitig wie vergebens vor seinem Auftritt auf dem sogenannten Tag der Heimat: „Was wird nun diesmal, Herr Ministerpräsident? Wieder das Bekenntnis zu der instabilen These ‚Wir verzichten auf Rache und Vergeltung‘, die suggeriert, man habe etwas unterlassen, was einem eigentlich zugestanden hätte?”

Doch Seehofer bekannte sich unter dem Jubel der angetretenen Vertriebenen zu seiner Unionsfreundin. Denn Erika Steinbach ist noch immer die unbestrittene Führerin aller Vertriebenen, Anführerin aller, die noch ein Zweidritteljahrhundert danach ihr Vertriebenensein leben.

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